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Komm mit wandern!

Drei-Täler und eine Burg
Wildromantische Talschluchten mit Wasserfällen und der Burg Reinhardstein

 

Mit dem Namen „Hohes Venn“ ist für die meisten eine Sumpf und Moorlandschaft verbunden, wo das Auge weit und breit nichts als Heide und Moor sieht, wo trübe Nebel meist das Land bedecken, kalt und feucht seine Höhen überziehen.
Rein geologisch ist das Hohe Venn weder ein Teil der Nordeifel noch der Ardennen, auch wenn beides immer wieder gesagt wird. Es bildet den Kern einer großen, gewölbeartigen Aufbiegung mit den ältesten Schichten. Die Geologen haben für das Gebiet den Begriff "Massiv von Stavelot" geprägt und betrachten dieses Massiv von seiner geologischen Entstehung her als etwas durchaus Eigenständiges. Es handelt sich um einen sehr alten Gebirgsstock, der der sog. Kambriumzeit (vor 570 – 500 Mio. Jahren) angehört.
Dieses wasserreiche Vennmassiv ist Geburtsstätte von vielen Bächen und Flüssen. Sie haben oft schon mit einer unglaublichen Erosionskraft auf kürzester Strecke tiefe, schluchtartige Zerklüftungen in die Felsen geschnitten und tiefe Täler geformt, die zum landschaftlich Schönsten gehören, was die Region zu bieten hat.

                 Staumauer                                           "Burg Reinhardstein"                                    Warchesteg

Drei dieser schluchtartigen Täler werden wir bei dieser Wanderung durchstreifen. Dazu wird der Parkplatz an der Staumauer der Talsperre von Robertville unser Startpunkt sein. Hinter dem „Chalet du Barrage“ beginnt unser Wanderweg, der zunächst mit einem grünen Rechteck und dem Hinweis „Vallée du la Warche“ markiert ist. Etwas irritierend sind die in französischer Sprache geschriebenen Wegweiser, die uns auch weiterhin begleiten werden. So werden wir auch bei Begegnungen immer wieder ein freundliches „Bon jour“ hören. Grund dafür ist, dass es in Belgien drei Amtssprachen gibt: Französisch, Flämisch und Deutsch. Deutsch wird in neun Gemeinden in Ostbelgien gesprochen. Die Orte Malmedy und Weismes, wo wir uns derzeit befinden, gehören nicht dazu. Hier ist Französisch Amtsprache und daher auch diese Beschriftung.

Burg Reinhardstein

Schon nach wenigen Metern können wir sehen, wie tief sich das Wasser, hier ist es die Warche, in das Gebirge eingegraben hat. Steil fällt der rechte Talhang hinunter. Auf der anderen Seite liegen dann hoch auf einem vorspringenden Felsen die Mauern einer Burg. Es ist Burg Reinhardstein, sie ließ Reinhard von Weismes 1354 erbauen. Aber auch schon Kelten und Römer haben hier Spuren hinterlassen.

Burgwasserfall

Der angenehme Waldpfad führt zunächst 600m noch im oberen Hangbereich, bevor das Wegzeichen (grünes Rechteck) uns rechts über Wurzeln in einem alpinen Gelände steil hinunter ins Tal leitet. Am nächsten Wegweiser folgen wir der gelben Raute weiter bergab (Reinhardstein, Ovifat). Unten stoßen wir auf einen Fußweg und folgen hier links dem Schild „Cascade“. Jetzt thront die Burg Reinhardsstein fast senkrecht über dem Warchetal. Nach Querung zwei kleiner Nebenbäche und der grünen Raute folgend, stürzt rechts ein kleiner Bach von dem Burggelände 40m tief ins Tal und schafft somit den höchsten Wasserfall Belgiens. Leider ist er im Sommer durch Blätter fast verdeckt. Wir erreichen die Warche und queren sie mit einem Holzsteg und folgen dem Bach talwärts. Unterwegs stößt noch von rechts kommend der Weg von Burg Reinhardstein hinzu, diesen werden wir beim Rückweg hochsteigen. Die Hänge rechts und links sind teilweise mit lockeren Felsblöcken übersät, die einmal vor langer Zeit sich aus den Felsformationen in den steilen Hanglagen lösten und talwärts rollten. Wir folgen der Warcheschlucht auf einem wildromantischen Fußpfad bis zur Mündung des Bayehonbaches, wo wir diesen überqueren und ihm rechts talaufwärts folgen. Rauschend und schäumend zwängt sich der Bach oft zwischen großen Felsen hindurch. Es ist neben Vogelgezwitscher das einzige Geräusch das die Stille unterbricht. Nach ½ km erreichen wir die Mündung des Puhonbaches und wandern auf dem linken Weg bachaufwärts.

                       "Warche"                              Idyllischer Rastpltz an der Warche  Mündung Puhon- in Bayehonbach

Ab hier folgen wir nun dem grünen senkrechten Rechteck (Wanderweg „Les deux Vallées“), das uns am Ende mit dem Bayehonbach wieder hierhin bringt. Der Weg führt uns immer weiter, und da wir schon vormittags unterwegs sind, in einem sonnendurchfluteten Tal bergauf. Felsaufschlüsse lassen interessante Einblicke in die Erdgeschichte zu. Immer mehr gewinnen wir an Höhe und die Taloberkanten rücken näher. Das Tal weitet sich und Wiesen zeigen sich linkerhand. Der Talweg endet an der Gemeindeverbindungsstraße Xhoiffraix – Longfaye. Gegenüber hat sich der Bach tief in den Fels eingefräst und rechts und links Felsformationen stehengelassen. Wir folgen der Straße rechts 50m und biegen dort links in einen Waldweg ein, der uns in einigen Kehren weiterhin bergan führt.

           "Longfaye-Venn"                                ein weiter Blick nach Ovifat                        oberes Bayehontal

Der Wegweiser „Vieux chêne“ zeigt unser nächstes Ziel an. Nach 200m macht der Weg einen Rechtsbogen und wird hier auf der Höhe immer matschiger, sodass wir etwas abseits im Wald einen trockeneren Pfad finden.

 

Venneiche


Wir queren nun den Höhenrücken zwischen den Tälern Puhon- und Bayehonbach und wandern am Rande des Longfaye-Venns entlang. Mit 600m Meereshöhe haben wir den höchsten Punkt der Wanderung erreicht und bietet eine erste Aussicht hinüber zum Wintersportort Ovifat. 

Der Weg endet schließlich in der noch muldenförmigen Talsenke des oberen Bayehonbaches. Zahlreiche Felsbrocken liegen verstreut an den Hängen. Sie gelangten einst durch die starke Frostverwitterung an die Oberfläche.

Wir folgen dem Bach auf einem schmalen Pfad talwärts und erreichen nach ca. 100m die berühmte Venneiche. Sie ist vielleicht der markanteste Baum im Hohen Venn. Keiner weiß so recht wie alt sie ist und feststellen lässt es sich auch nicht mehr, teils schon abgestorben und mit zahlreichen Vogelnistplätzen in den Astlöchern wird sie auf über 500 Jahre geschätzt. Aber immer noch reckt sie ihre teils schon verwitterten und mit Moos bewachsenen Äste bizarr in den Himmel.

Der auf alten Bildern noch allein einsam stehende Baum, hat mittlerweile Gesellschaft bekommen. Wenige Schritte abseits befinden sich noch einzelne Wacholderbüsche, von denen es auch schon früher an verschiedenen Stellen stattliche Bestände gab. Sie sind fast alle verschwunden. Lediglich hier am oberen Bayehonbach blieb ein kleiner Bestand erhalten.
So wie die Eiche zeigt sich auch der weitere Weg. Durch ein uriges Gelände über Wurzeln, Felsen und Bäumen erreichen wir einen Forstweg und einen kleinen Rastplatz. Früher querte hier einmal die alte Eisenstraße das Bayehontal. Abenteuerlich verläuft auch der Weiterweg (immer noch grünes senkrechtes Rechteck) teils über Holzbohlen talwärts. Dann taucht wieder ein kleiner Wacholderbestand auf, den wir auf einem schmalen Pfad durchqueren. Als Wildpflanze war der Wacholder noch im 18. Jahrhundert überall noch verbreitet. Im Gegensatz zu den meisten anderen heimischen Gehölzen ist der Wacholder seiner Stacheln wegen völlig verbissfest und kann sich daher gegen konkurrierende Laubgehölze behaupten, wenn diese von Weidetiere kurz gehalten werden.

            felsiger Wanderpfad                     die letzten Wacholderbüsche                    herrliches Bayehontal

Der Pfad führt mit Sicht nach Ovifat weiter bergab zu einer Forststraße mit einer Schutzhütte. Hier gehen wir zunächst 50m rechts bis das bekannte Wegzeichen (grünes senkrechtes Rechteck) uns von der Straße links auf dem Pfad weiter talwärts führt. Schon bald erreichen wir einen freien Platz mit einer einzelnen Bank und stehen am Rand des höchsten Wasserfalls des Hohen Venns.

Der Bayehonbach, der uns bisher rauschend und gluckernd begleitete verlässt hier in beeindruckender Weise das Vennplateau und stürzt über eine Felsstufe 9m tief in einen Felsenkessel. Nach starken Regenfällen oder der Schneeschmelze bietet er einen imposanten Anblick. Der Bach strebt nun in einer wildromantischen Schlucht der Warche entgegen und hat eins der schönsten Wandertäler des Hohen Venns geschaffen.
Wir erreichen die Straße Longfaye – Ovivat, die über eine alte Bruchsteinbrücke den Bach quert. Auf der anderen Straßenseite zeigt ein Wegweiser talwärts zur ehemaligen „Bayehonmühle“, die dann auch bald rechts zu sehen ist. Bis 1945 diente die 1875 errichtete Mühle als Mahlmühle für Getreide. Danach war sie gastronomischer Betrieb. Nach einigen Jahren des Stillstandes ist das Restaurant renoviert worden und seit 2015 wieder für eine gemütliche Rast, aber nur am Wochenende, zugänglich.

Bayehonwasserfall

Wir folgen weiterhin dem Bach talwärts und bleiben auf der linken Seite in Bachnähe bis zu einer Brücke. Hier können wir eine alternative Route wählen, um nicht von der Mündung Puhon in Bayehonbach den gleichen Weg bis zum Abzweig zur Burg Reinhardstein talwärts zu gehen und vermeiden somit den sehr steilen Anstieg zur Burg. (siehe Alternative am Ende)
Bei der weiteren Wanderung im Tal des Bayehonbaches werden mehrmals über Holzstege seine Seiten gewechselt. Es gibt dort meist zwei Möglichkeiten den Bach zu queren: entweder trockenen Fußes den angebotenen Holzsteg zu benutzen oder über Steine im Bach zu balancieren mit dem Risiko doch nasse Füße zu bekommen.
Eine Erscheinung fällt dem aufmerksamen Wanderer bei den Vennbächen immer wieder auf, und immer wieder stellt er die gleiche Frage: „Was ist das?“ Man sieht häufig auf den Vennbächen dichte, weiße bis bräunlich gefärbte Schaumpakete und vermutet hier abseits der Zivilisation eigentlich keine Umweltverschmutzung. Der Schaum entsteht durch die Emulsion von zersetztem organischem Material.
Aufgrund des Schleuderns des Wassers in stark fließenden Gewässern tritt das Phänomen der Schaumbildung auf, die vor allem bei starker Wasserführung, wie sie nach Regenfällen und nach der Schneeschmelze zu beobachten sind, besonders intensiv sein kann, aber die Befürchtung einer Umweltverschmutzung ist überflüssig.

               Im Bayehontal                 Bachüberquerung: trockene oder nasse Füße?        Bayehonmühle

Bald haben wir wieder den Zusammenfluss von Bayehon- und Puhonbach erreicht. Hier führt eine spektakuläre Brücke über den Bach. Man gelangt durch einen gegabelten Baum, der gleichzeitig als Stütze genutzt wird,  zur anderen Seite.
Nach erfolgreicher Überquerung wandern mit dem Bayehonbach bis zu seiner Mündung in die Warche. Auch wenn dieser Abschnitt identisch mit dem Hinweg ist, vermittelt das Landschaftsbild und der Weg doch wieder andere Eindrücke. Bevor der Bayehonbach sein Wasser in die Warche ergießt queren wir den letzten Holzsteg und wandern noch ein Stück warcheaufwärts. Am Wegweiser „Reinhardstein“ verlassen wir den Warcheweg und unseren Hinweg und steigen auf dem Serpentinenpfad bergan. Die letzten Reserven werden nun gefordert. Oben treffen wir auf die Alternativ-Route. Der Pfad endet an der Zufahrt zur Burg Reinhardstein, die nur zu bestimmten Zeiten zu besichtigen ist.

spektakuläre Brückenkonstruktion               wilder Bayehonbach                  Burg Reinhardstein / Metternich

Sie wird auch Burg Metternich genannt, da sie durch Heirat von Wilhelm von Metternich mit Anna von Nassau zu Rheinhardstein 1550 in Besitz der berühmten Familie gelangte.
Die Fürsten von Metternich bauten die Anlage zum Schloss aus, welches sie bis zur Französischen Revolution bewohnten. Während der Französischen Revolution wurde Reinhardstein beschlagnahmt, 1798 jedoch an die Metternichs zurückgegeben. 1812 verkaufte Franz Georg Karl von Metternich, der Vater des österreichischen Außenministers Metternich die Burg auf Abriss. Im Laufe der Jahrzehnte verfiel die Warcheburg immer mehr zur Ruine. Unter Leitung des Historikers Professor Overloop begann 1969 der Wiederaufbau und die Neuausstattung der Burganlage nach mittelalterlichen Dokumenten. Heute ist die Burg ganzjährig bewohnt, aber nur an Sonn- und Feiertagen zu besichtigen.
Wir queren den Zufahrtsweg und den kleinen Bach, der Richtung Burg fließt und an dieser vorbei schließlich 40m in das Warchetal stürzt. Der Pfad führt nochmals in wenigen Kurven bergan bevor wir den kleinen Bergrücken überwunden haben und wieder ins Warchetal gelangen. Mit einem großen Talbogen erreichen wir die Staumauer der Talsperre. Sie ist freigegeben für den Wassersport; hier wird gepaddelt und gesurft, gesegelt und geangelt. 1928 wurde sie mit einer 55m hohen Mauer zur Hochwasserregulierung und Trinkwasserversorgung erbaut. Kaum zu glauben, dass es einmal einen 200 Jahre langen Streit um das Wasser zwischen den Gemeinden Sourbrodt und Robertville gegeben hat, der 1735 endete. Diese Orte liegen auf dem Vennplateau und da die Moorgewässer immer extrem sauer sind, weil sie sehr mit Torfbestandteilen und Huminsäuren versetzt sind, gab es ständig Probleme, genügend Wasser für Mensch und vor allem fürs´s Vieh zu bekommen. Heute gehören solche existenzielle Fragen längst der Vergangenheit an. Durch Zusätze von Chemikalien und Kalk wird das Wasser zu Trinkwasser aufbereitet und in jedes Haus geleitet.

Information: Wanderkarte 1:25000 Hohes Venn., Es ist eine abwechslungsreiche, einsame  Wanderung  ohne  große Weitsichten und mit wenig menschlichen Begegnungen, aber viel ursprüngliche Natur.
Streckenlänge: ca. 14,5 km, naturbelassene Wege  und Pfade
Schwierigkeit: mittelschwere Wanderung, steiler Abstieg ins Warchetal, im Bayehon- und Puhontal steter langsamer Anstieg bis auf 600m, am Ende der Wanderung steiler Anstieg aus dem Warchetal zur Burg Reinhardstein, Auf- und Abstiege 300m
Einkehrmöglichkeit: unterwegs Restaurant "Bayehon Mühle"
https://www.lemoulindubayehon.be/

Talsperre Robertville

GPX - Track:   (speichern unter)

 

3T_lerTour.gpx (119.8KB)
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Karte



Alternativ-Route, (leichterer Anstieg und herrliche Aussicht)

Vor der Brücke über den Bayehonbach sehen wir links im Hang einen steil ansteigenden Pfad, der zu einer alternativen Route mehr abschreckt als einlädt. Trotz allem entscheiden wir uns für diese Variante. Der Regen hat die hier vorhandenen Stufen zerstört und so kraxeln wir Meter um Meter hinauf. Überraschenderweise endet diese Anstrengung aber schon nach 10 bis 15 Metern und es geht auf schmalen, von Wurzeln durchzogenen Pfad in einem kleinen Tälchen immer leicht ansteigend bis zu einem Teich mit einer Hütte hinter der es rechts bequem weiter leicht ansteigend geht. Es folgt ein herrlicher Waldweg. Der rechts leicht abwärts führende Weg wird ignoriert.  Der Wald endet und es öffnet sich ein überwältigender Blick auf die gegenüberliegende Talseite. Ganz unten im Tal ist der Hin- bzw. Rückweg zu sehen und zeigt wie steil sich der Bach in die Landschaft eingegraben hat.

  kurzer steiler Aufstieg geschafft                   herrlicher Waldpfad                    Blick über das tiefe Warchetal

Dann kommt auch die Burg Reinhardtstein in Sichtweite, der wir uns auf einem bequemen Pfad durch den steil ins Tal abfallenden Berghang nähern. Die Wanderer, die den Rückweg weiter durch das Bayehon- und Warchetal genommen haben, treffen dann nach einem steilen Aufstieg auf unseren Pfad. Das Bild macht noch einmal deutlich die Lage der Burg hoch oben auf einem Felsvorsprung über dem Warchetal.  

 Reinhardstein

GPX-Track: (speichern unter)


Karte
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bequemer Pfad zur Burg

Video

hoch über der Warche Burg Reinhardstein


Tourenübersicht Hohes Venn



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