Von Burg zu Burg

zwischen Reifferscheid und Wildenburg

In der Eifel gibt es Hunderte von Burgen, von Ruinen bis zur bewohnten Ritterburg. Zwei liegen in der Gemeinde Hellenthal, die Reifferscheider- sowie die Wildenburg.

 Beide möchte ich auf einer Rundwanderung besichtigen. Leider ist aber die Infrastruktur der Wanderwege hier in den letzten Jahren vernachlässigt worden, denn einmal vorhandene und markierte Wanderwege gibt es heute nicht mehr, sie sind verwildert oder zugewachsen. So gibt es zwar markierte Rundwanderwege, die aber nur die eine oder andere Burg zum Ziel haben. Die folgende Wanderroute schließt nun beide Burgen ein. Sie führt aber teilweise über Pfade und Wege, die stellenweise, wenn sie nicht mehr zu erkennen sind, gute Orientierung erfordern.

Burgort Reifferscheid

 An dem Parkplatz in der Ortsmitte von Reifferscheid unmittelbar an L17 starten wir einen mittelalterlicher Streifzug zwischen Reifferscheid und der Wildenburg, die durch Bachtäler und über Höhen führt, von denen dem Wanderer herrlich weite Aussichten geboten werden.

Schon am Parkplatz erleben wir ein malerisches Bild mit der hoch oben liegenden Burganlage und den im Schatten der Burg schutzsuchenden und angeschmiegten Fachwerkhäusern. Reifferscheid, mauerumwehrt mit Toren und Zinnen, engen Gassen und überhöht vom mächtig in den Himmel ragenden Bergfried, ist ein hervorragendes Beispiel für ein Burgdorf, in dem die Bewohner während den zahlreichen Kleinkriegen des Spätmittelalters Schutz fanden.
Die erste urkundliche Erwähnung von Reifferscheid erfolgte im Jahre 1106. Die Urkunde spricht von einem Niederbrennen der Burg. Vermutet wird deshalb, dass sie kurz nach 1069 schon erbaut worden war. Die ältesten Bauteile der Burg stammen aus dem 12. bis 13. Jahrhundert. Das mehrmals nach Zerstörungen und Bränden wieder aufgebaute Schloss der Grafen von Salm-Reifferscheid bot einst mit seinen vier Türmen, darunter der heute noch erhaltene, weit sichtbare Bergfried, einen imposanten Anblick. Dieser hat zahlreiche Künstler inspiriert es in vielen Bildern festzuhalten. 

                         Grillhütte                                Aussichten von Grillhütte                        Blick nach Wollenberg

Vom Parkplatz gehen wir zur Umgehungsstraße und dort links bis zur Einmündung des „Kupferhardweg“. Hier steigen wir den Waldweg steil hinauf zum „Hohleberg“. Am Ende des Waldes nehmen wir an der Wegekreuzung den rechts abgehenden jetzt moderat ansteigenden Weg der auf einen Asphaltweg stößt. Diesem folgen wir nach rechts. Hier auf der Höhe erleben wir zu beiden Seiten eine herrliche Sicht über die Eifelhöhen. Der Asphaltweg endet an einem Grillplatz. Etwas versteckt führt ein Waldpfad links vor der Hütte bergab. Ddf Pfad endet dann geradeaus in der Wildnis und gestaltet die Orientierung zu einer kleinen Suchaktion. Auf keinen Fall dürfen wir den vorhandenen rechten Pfad weitergehen, denn dieser führt wieder hinunter nach Reifferscheid. Wir möchten aber hinunter ins Tal des „Bünnbaches“. Daher gehen wir links in den Wald und orientieren uns ca 100m leicht abwärts und erreichen dann einen abenteuerlich wild verwachsenen Grasweg, der uns im weiteren Verlauf hinunter zur L205 und dem Bach bringt. Beide werden überquert (G). Jetzt beginnt wieder eine erneute Suche nach einem erkennbaren Pfad, der links leicht ansteigt und nach ca 100m auf einem breiteren Waldweg endet. Rechts wandern wir mit einer alten Markierung (2) weiter. Der Weg verläuft fast horizontal im Hang. Nach 500m wandern wir auf dem Asphaltweg (2) links bis zu einem rechts abgehenden Waldweg bergauf. Dieser führt weiter in die Höhe an den Waldrand mit freier Sicht nach rechts ins Brünnbachtal. Eine Serpentine bringt uns weiter bergan. Der Weg macht einen Rechtsbogen (geradeaus ist für Mountainbiker) und steigt weiter bergan auf eine Baumgruppe auf dem „Kuhberg“ zu. Oben an einer Bank kann man eine herrliche Aussicht genießen. Weiter geht es links um das Wäldchen herum. An der nächsten Wegekreuzung nehmen wir den rechten Weg, der uns durch ein kleines Waldstück in den 50 Seelenort Zingscheid (545m) bringt. Es geht nun durch den kleinen auf der Höhe verträumt liegenden Ort bis hinter Haus 22, wo an der Wegekreuzung links abgebogen wird. Der Wegweiser (4) zeigt uns noch 1,6km bis zur Wildenburg. Der Weg führt an dem nächsten Sträßchen links weiter bis zu einem kleinen Rastplatz. Hier lohnt sich eine Pause, denn die weite Sicht über die Eifelhöhen ist phantastisch und lädt zu einem längeren Verweilen ein. Von der Höhe geht es anschließend bergab und wir erreichen durch einen Wald im Tal den „Leiderbach“. Hier ändert sich wieder unsere Wanderrichtung und sie führt bis zur L22. Diese müssen wir notgedrungen 250m folgen, da alte alternative Wanderwege durch Holzabfuhrarbeiten nicht mehr zu erkennen sind. Mit dem nächsten links abgehenden Waldwegverlassen wir die Straße. Leicht ansteigend treffen wir schon bald auf einen Waldpfad, dem wir rechts bergauf folgen und oben auf einer freien Wiesenfläche sich überraschend der Blick zur Wildenburg öffnet. Dieses Panorama können wir von dem hier vorhandenen Rastplatz in Ruhe betrachten.

             Blick vom Rastplatz                                      "Wildenburg"                               Wildenburg "Op dr Bröck"

Auf schmalem, steilem Bergrücken, abseits vom Getriebe zivilisatorischer Hektik, erhebt sich seit über 800 Jahren die Wildenburg. Die wehrhafte auf dem Bergsporn "Der Hang" gelegene Wildenburg wurde stets bewohnt, aber wegen ihrer Abgelegenheit strategisch wenig bedeutsam, so wurde sie nie zerstört oder geplündert. Ihren Anfang nahm sie 1235 als Stammsitz "der edlen Herren von Wildenburg", deren Familie durch das Gesetz der Erbfolge in mehreren Generationen die Herrscher ihres Ländchens waren. Erster nachweislicher Besitzer war Philip von Reifferscheid-Wildenburg (1234).
Im Laufe der Geschichte wechselte die Wildenburg Aussehen und Besitzer. So gehörte "Wildinberg" 1344 dem Grafen von Jülich, von 1414 bis 1634 waren die Herren von Palandt die Besitzer der Unterherrschaft Wildenburg. Wegen Hexenverbrennungen im Jahre 1628 wurde Marsilius III. berühmt und berüchtigt, noch heute heißt der niedrige südwestliche Turm Hexenturm.
Im Jahre 1715 wurde die Wildenburg vom Kloster Steinfeld angekauft. Zwei Jahre später ließen die Steinfelder Mönche den Speisesaal und den Rittersaal der alten Burg zu einer Kirche umbauen; sie ist dem hl. Johannes dem Täufer geweiht. 1802 fiel Wildenburg an den französischen Staat, wurde dann nach dem Wiener Kongress (1814-1815), der das europäische Staatensystem nach den Napoleonischen Kriegen neu ordnete, wieder der Pfarre Wildenburg übergeben. Der rechteckige Saalbau mit halbrundem Turm wurde Pfarrkirche. Heute wird die Wildenburg als Begegnungs-, Erholungs- und Bildungsstätte genutzt.
Über ein Dorfsträßchen erreichen wir die L22 und auf der anderen Seite das Gelände der Wildenburg.

                      Kirche                                                      Altarraum                                        Steg über Wolferter Bach

Die mit Ringmauer und Halsgraben geschützte Burganlage war nur von Osten her über eine Zugbrücke zugänglich. Im Zuge der Verfüllung des Halsgrabens verschwand auch die Zugbrücke. An sie erinnert noch heute ein Wegestück mit dem Namen „Op dr Bröck“ (Auf der Brücke) Die ehemals vorhandenen beiden Toranlagen von Vorburg und Hauptburg sind heute auch verschwunden.
Betritt man heute die Vorburg, gewahrt man zur Linken ein Fachwerkhaus, das Haus an der Pforte, das ursprünglich das Haus eines Burgmannes war. Seine talseitige Außenwand wird von der alten Wehrmauer gebildet, das Obergeschoss der Straßenfront ist vorgekragt. Die Jahreszahl 1600 über der Haustüre ist irreführend, da das Gebäude schon erheblich früher erwähnt wurde.
Nach einem Besuch der Kirche führt uns links der Pfad (Burgenroute) hinunter nach Manscheid. Hier wird die Brücke überquert und wir folgen rechts 100m der Straße. Dort geht es mit der Markierung „2“ im Tal des „Manscheider Baches“ auf einem gleichzeitig verlaufenden Radweg bis zum Ortsteil Wiesen, wo wir links, entlang dem „Wolferterbach“, das Tal bis zu einem auf die andere Seite führenden Steg wandern.

                verwilderter Pfad                               erster Blick zum Bergfried              Reifferscheid, Matthiastor

Am Feldrand entlang, ein Pfad ist nicht zuerkennen, erreichen wir die L17. Auf der anderen Seite beginnt ein neuerlich abenteuerlicher Wegeabschnitt. Dem unmarkierten Waldarbeiterweg, der einmal der Wanderweg „6“ war, folgen wir nun bergan und müssen immer wieder Hindernisse umgehen. Mit dem zweiten Arbeitsweg verlassen wir das kleine Bachtal und schlagen uns links in dem Hang bis zum Waldrand durch, wo wir auf einen Wirtschaftsweg stoßen. Diesen wandern wir dann links und im weiteren Verlauf hinauf nach Oberreifferscheid. Über die Dorfstraße geht es im Ort hinter Haus 8 rechts weiter (5) und hier auf der Höhe wieder mit herrlichen Aussichten zu den vielen kleinen Dörfern auf den umliegenden Höhen. Den Asphaltweg verlassen wir mit dem zweiten links abgehenden Wirtschaftsweg bergab. Dort folgen wir dem Weg talwärts bis wir den Turm der Burg Reifferscheid zwischen den Bäumen entdecken. Jetzt geht es hinauf zur Burg und durch das „Matthiastor“, das einst die Zugbrücke trug, betreten wir den Burgring und die Burgsiedlung. Die alten Häuser und Gassen versetzen den Besucher unmittelbar ins Mittelalter. Die Vorburg umfasst den Bereich innerhalb der ehemaligen Ringmauern. Diese wurden im Jahr 1689 durch einen feindlichen Angriff zerstört. Graf Franz Wilhelm gestattete den Bürgern daraufhin, an Stelle der zerstörten Mauern die heute noch vorhandenen Fachwerkhäuser zu errichten.

               Burgbering                                              Marienstatue                                               Tor zur Hauptburg

Wir kommen zum Marktplatz in dessen Mitte unter einer Eiche eine Marienstatue steht. Um1830 war der Platz noch von Häuser umstanden und wesentlich kleiner. Hier befanden sich das Pfarrhaus, früher auch die Schule, eine Gastwirtschaft und der heute noch verhandene Marienbrunnen.
Über das Vorburggelände gelangen wir zur Hauptburg. Die geht in ihrem Kern auf die staufische Zeit des 12. Jh. zurück, mehrheitlich stammen die erhaltenen Reste aber aus dem 14. Jh. Diese Burg besaß einen mächtigen Bergfried. Schildmauern nach Norden und Westen, einen befestigten Torbau im Süden und einen Palas mit schlanken Ecktürmen im Osten. Bis zum 16 Jh. verstärkte man die Burg gegen den Beschuss mit Feuerwaffen durch neue Mauerschalen und bastionsartigen Vorbau im Süden und Osten. Die um 1725 entstandene Zeichnung zeigt die zu einem Schloss umgestaltete Anlage mit großzügigen Fenstern und barocken Dachhauben. Das Schloss wurde 1794 zerstört und die Ruine kam in Privathand. Sie lieferte rund 100 Jahre lang Baumaterial für die Umgebung. Nur der vom Abbruch gebliebene Bergfried blieb erhalten. 1889 erwarb die fürstliche Familie ihr altes Schloss zurück, aber nach dem Tod des letzten Fürsten 1956 schenkte seine Witwe, Fürstin Cecilie von Salm-Reifferscheid-Dyck, die Ruine 1965 der Gemeinde Hellenthal.

           Palas mit Bergfried                           Reifferscheid vom Bergfried                               Burgsiedlung

Mit der Besteigung des Bergfrieds erleben wir das Highlight der heutigen Wanderung. Dazu steigen wir zunächst 40 Stufen bis zum Turmeingang und anschließend 78 Stufen bis zur oberen Aussichtsplattform auf. Von einer Höhe (470m) schaut man in südöstliche Richtung über den historischen Burgort Reifferscheid. Der Ort umfasst die Burganlage mit der Vorburg und dem Burgbering sowie die Talsiedlung zu Füßen der Burg.
Nach Verlassen des Bergfrieds und der Hauptburg sehen wir rechterhand die ehemalige Remise aus Zeiten des Grafen von Salm zu Reifferscheid, auch bekannt als Zehntscheune. Sie wurde vor einigen Jahren zum „Cafe Eulenspiegel“ umgebaut. Es ist von Mittwoch bis Sonntag der einigste Gastronomiebetrieb in Reifferscheid.
Auf einem Treppenabgang durch die Vorburg verlassen wir den Burgbering und besichtigen noch rechts die Pfarrkirche St.Matthias, bis um 1800 zum hl. Kreuz. Ihr heutiges Erscheinungsbild hat sie seit 1486 durch umfangreiche Um- und Erweiterungsbauten sowie im Außenbereich durch Anbauten und Dachveränderungen erhalten. 1130 wurde die bei der Burg gelegene Kapelle in den Rang einer Pfarrkirche erhoben.

Weiter geht es auf einer kopfsteingepflasterten Straße hinunter in den heutigen Ort und zum Parkplatz

Diese Wanderung durchstreift eine Region der Eifel wo der Wanderboom der letzten Jahre noch nicht angekommen ist und vom Tourismus noch stiefmütterlich behandelt wird. Man kann dies an den einst vorhandenen Wanderwegen erkennen, die nicht mehr unterhalten wurden und teilweise verwildert oder zugewachsen sind, zum anderen sind die Einkehrmöglichkeiten sehr bescheiden, was man hauptsächlich in Reifferscheid zu spüren bekommt. Landschaftlich steht diese Region anderen nichts nach und hat mit den beiden Burgen zwei traumhafte Highlights aufzuweisen, die man einmal gesehen haben muss. Die weiten Aussichten während der Wanderung über die Eifelhöhen mit den einsamen kleinen Dörfern sind phantastisch.

Information: Wanderkarte Nr.14 „Hellenthal“ des Eifelvereins, Wege meist ohne Markierung, verschieden örtl. Wanderwege sowie „Burgenroute“
Burg Reifferscheid https://www.youtube.com/watch?v=gfeBoL1OJzQ
Wildenburg:  https://www.youtube.com/watch?v=kv4DJIu5xpU
Strecke: 14,5km Rundwanderung, befestigte und unbefestigte Wege, tlw. Pfade davon zwei verwilderte Abschnitte. Abkürzung möglich wenn man von Reifferscheid der Markierung der Burgenroute (Streckenwanderung von Hellenthal nach Blankenheim) bis Zingscheid folgt, Ersparnis 3km sowie steiler Aufstieg zum „Hohleberg“
Schwierigkeit: mittel, ständiges Auf und Ab, Auf- und Abstiege: 420m, steile Anstiege zu Beginn (100m) und von der l117 auf die Höhe von Oberreifferscheid (80m) ,
Einkehrmöglichkeit: in Reifferscheid Restaurant „Kupferhardt“ nur sonntags geöffnet, „Cafe Eulenspiegel“ geöffnet Mittwoch bis Sonntag; in Wildenburg Hotel Restaurant „Burgschänke“

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Kiiche St. Matthias



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