Rund um das Wallonische Venn

Nach der letzten Eiszeit entstanden vor 10000 Jahren Wälder, die auch Eifel und Ardennen bedeckten. Nur an den höchsten Erhebungen, auf besonders sumpfigen Böden konnte kein Wald wachsen. Als der Mensch nach und nach auch diese Urlandschaften besiedelte, veränderten sie diese Landschaft. Durch weiträumig angelegte Gräben und Anpflanzungen verschwanden die Sumpf und Moorgebiete immer mehr und schrumpften bis auf wenige Vennstücke zusammen. Im Hohen Venn konnte man einen letzten Rest Urnatur retten. So vermitteln nur noch das Wallonische Venn, das Hohe und das Große Moor immer noch etwas von der Weite und der Einsamkeit.

Ins Hilltal

Es ist keine gewöhnliche Wanderung, die wir hier in aller Abgeschiedenheit erleben. Zu verdanken ist dies einer ungewöhnlich fremdartig wirkenden Landschaft, die auf weiten Strecken an die Hochmoore Schottlands und Lapplands erinnert.

Die Füße tragen den Wanderer durch eine weite, fast endlos wirkende, einsame und nahezu baumlose Landschaft. Deshalb erscheint sie für Manche trostlos und monoton, andere sind ergriffen von der Urwüchsigkeit dieser herb-schönen Landschaft und kommen von ihr nicht mehr los und folgen immer wieder neu dem Lockruf des Venns. Ihre Begeisterung für diese Landschaft können sie mit einer Wanderung selber testen.
Die Wanderung beginnt am Parkplatz in "Baraque Michel". Auf einer Informationstafel können wir den Wanderweg schon einmal abgehen. Hier an einer Nachbildung des preußischen Grenzsteins 154 folgen wir dem Weg „Eupen 22km“. Schon nach wenigen Metern breitet sich links das „Hohe Moor“ aus. Dann verlassen wir nach 200m diesen festen Schotterweg und folgen dem Holzsteg (nicht mehr vorhanden und gesperrt) gegenüber einer Informationstafel. Sie zeigt, dass mitten auf dieser Hochebene einst Grenzen verschiedener Staaten aufeinander stießen. Die Staaten gibt es nicht mehr, aber viele Grenzmarken stehen noch.

                     "Priorkreuz"                                 so weit die Füße tragen                                "Hohes Moor"

 So wandern wir gezwungernermaßen weiter geradeaus. Am Rande des nicht mehr vorhandenen Holzsteges markierte ein Kreuz auch eine Grenze.  Sie wurde 1605 auf Betreiben des Priors von Malmedy festgesetzt, daher auch der Name „Priorkreuz“. Das jetzige Kreuz wurde 1950 neu errichtet.

Es geht auf festen Boden weiter bis ein Holzsteg beginnt. Vor uns ragt der belgisch-preußische Grenzstein "156" empor. Diese sechseckigen Steine wurden 1830 nach Gründung des Königreich Belgiens errichtet. Hier liegt auch eine der beiden, heute im dichten Gras nicht mehr erkennbaren Hillquellen, die früher mit Holzbalken eingefasst war. Aber das Wasser des ganzen Areals sammelt sich letztendlich in eine tiefere nach Nordost geneigten Bodenmulde zu dem kleinen Hillbach, den wir auch schon nach wenigen hundert Metern unter uns gluckern hören. Mit dem Wasser windet sich auch der Steg über sumpfigen Boden leicht abwärts in eine Geländemulde, wo die Hill sich nun als fließender Bach zu erkennen gibt. Schließlich ist der Hillbach so angewachsen, dass er eine eigenständige Grenze markieren konnte. Denn nach der Bachüberquerung treffen wir mit dem belgisch-preußischen Grenzstein 157, den letzten dieser Steine. Diese Stelle wird auch „Trois Bornes“ genannt, weil im Umfeld noch zwei weitere alte Grenzmarken zu finden sind. Der Zweite liegt vor der Hillüberquerung links auf der anderen Bachseite, kaum im Gras zu erkennen. Im Wiener Kongress 1815 wurden hier drei Grenzen (Dreikantenstein) zwischen dem Königreich der Niederlande (KN) und den Gemeinden Bütgenbach (B) und Weismes (W) festgelegt. Bei dem dritten Stein handelt es sich um einen Maria-Theresien-Stein von 1756, der die Grenze zwischen den Herzogtümern Luxemburg und Limburg kennzeichnete, aber nur für Kenner zu entdecken ist. 

                Die junge Hill                                           verbrannte Bäume                       "Marie-Anne Libert Brücke"

Unser Weg führt nun ständig an der Hill entlang, abwechselnd über Stege und schmale Pfade zwischen toten Bäumen und abgestorbenen Sträuchern. Sie zeigen noch die Spuren des Vennbrandes vom April 2011, bei dem auch viele Kilometer Holzstege zerstört wurden. Der Steg entlang der Hill ist mittlerweile neu angelegt und das Moor hat sich schon wieder regeneriert. Die Hill hat inzwischen ein kleines Tal geschaffen und die Bäume werden immer zahlreicher. Über Wurzeln und Felsblöcke sowie matschigen Passagen erreichen wir die erste Brücke, die nach der einstigen Besitzerin der „Ferme Libert“ und Botanikerin Marie-Anne Libert benannt ist. „Rackesprée nennt sich dieses Gebiet. Hier wurde im 17. und 18. Jh. ein herbstlicher Viehmarkt abgehalten. Wir überqueren, dem Wegweiser „Botrange 5,8km, Baraque Michel 9km“ folgend, die Hill und wandern auf dem Pfad (rot/weiße Markierung) hinauf zum Rand des „Wallonischen Venns“. Über eine breite Schneise geht es am Vennrand unmerklich aufwärts. Es ist oftmals etwas unheimlich, wenn man bei jedem Schritt spürt wie der Boden unter den Füßen nachgibt. Der Blick schweift hier wieder weit über das Wallonische Venn hinüber zum "Signal de Botrange". Nach 500m knickt der Weg links ab und wir wenden uns vor dem Wald wieder rechts am Vennrand entlang. Bei dem nächsten Waldstück orientieren wir uns nach rechts und wandern hier weiter auf der Vennschneise, rechterhand immer der weite Blick über das Venn. Beim nächsten Rechtsschwenk entdecken wir links Birkhühner beim Balzritual. Schön wäre es. Aber es handelt sich nur um Attrappen mit denen wir uns zufrieden geben müssen. Das Birkhuhn ist, wie überall in Europa, so auch im Hohen Venn sehr selten geworden und nur ein paar wenige Exemplare können sich mit Mühe halten. Insbesondere während der Paarungszeit brauchen diese Tiere Ruhe.

entlang des Wallonischen Venns            Birkhuhn-Attrappen                     Moortümpel

Der Weiterweg ist stellenweise sehr matschig und rechts entdecken wir im Gras auch einen kleinen Moortümpel. Ein Schild weist auf das Life-Projekt hin, das hier bis 2012 Maßnahmen durchgeführt hat, um das in Europa einmalige Hochmoor des Hohen Venns wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Durch die Bewirtschaftung des Venns und vor allem die Fichtenanpflanzungen in der Vergangenheit waren die Heide- und Moorgebiete erheblich zurückgedrängt worden. Am nächsten Wegeknick erläutert eine Informationstafel diese Maßnahmen. Hinter der Tafel können wir einen Blick auf einen kleinen Moortümpel werfen. Der Wegweiser „Botrange 4km, Baraque Michel 7km“ zeigt uns den weiteren Weg entlang dem Waldrand, der uns auch die nächsten Kilometer begleiten wird. Auf der breiten Randschneise geht es schnurgerade leicht abwärts zur jungen Rur. Rechts erkennt man Auswirkungen des Life Projekts. Man hat das Pfeifengras und die oberste Bodenschicht abgefräst und das Material senkrecht zum Hang aufgehäuft. Die entstandenen kleinen Dämme sollen so das Wasser zurückhalten. Diese Bereiche fördern die Entwicklung anderer für Torfböden typische Pflanzenarten, wie Wollgräser, Seggen und Torfmoose. Es wäre schön und wirkungsvoll, wenn einige Wasserflächen das monotone Grün unterbrechen würden, aber nach dem vergangenen trockenen Sommer 2013 sind viele Feuchtflächen trocken. 

                 Vennwack                                               Einheimischer                                             "Lothringer Kreuz"

Bei dem aufmerksamen Venn-Wanderer haben die Felsbrocken, die hier und da aus dem Gras herausragen und in der moorigen Umgebung verloren und fremdartig wirken, sicher das Interesse geweckt und sich die Frage nach ihrer Herkunft gestellt. Die Farben der Steine variieren zwischen graublau bis schwarz und sind häufig von weißen Adern durchzogen. Sie stammen aus dem ersten Erdzeitalters des Kambrium und sind Meeresablagerungen von vor 500 Millionen Jahren, die im Laufe der Erdgeschichte einen Umwandlungsprozess durchlaufen haben und schließlich die heutigen, sehr harten sog Vennwacke bilden. An die Oberfläche gelangten sie während den Eiszeiten.
Der Boden des Hohen Venns war zu dieser Zeit bis zu einer Tiefe von 10m dauerhaft gefroren und nur im Sommer taute der Boden an der Oberfläche auf. Sobald aber das Tauwasser in den oberen Lehmschichten einen gewissen Sättigungsgrad erreichte, entwickelten sich schon bei geringer Hangneigung "Fließerden", die auch die abgesprengten Quarzitblöcke aus den anstehenden Felsformationen mit sich fortrissen. Durch die vielfach abwechselnden Frost- und Tauperioden sammelten sich immer mehr Vennwacken in den oberen Erdschichten und traten schließlich an die Erdoberfläche. Je nach Größe und Form wurden die Vennwacken von den Fließerden unterschiedlich weit getragen. Während geröllartige Ansammlungen kleinerer Vennwacken bis in die Tallagen gelangten, verblieben die großen auf den Höhenrücken des Hohen Venns.
Vom Rurbach wandern wir aufwärts. Der Weg ist im Zuge des Life-Projekts dammartig angelegt und sorgt für festen Boden unter den Füßen. Reste eines alten Holzsteges sind rechts am Rand noch zu sehen. Vorbei an dem „Lothringer Kreuz“ erreichen wir am Waldrand den nächsten Vennknick. (Links geht es über die Straße zum Naturparkcenter mit einer Cafeteria) Weiter geht es 1200m rechts (Mont Rigi 4km, Botrange 1km, Baraque Michel 5km), immer noch leicht ansteigend. Was rechts besonders auffällt und teilweise den weiten Blick unterbricht sind die vielen Ebereschen, die am Rande stehen. Die Beeren werden gerne von Vögeln gefressen und mit ihrem Kot werden die Samen dann verbreitet.

 

Wallonisches Venn

Am Vennrand entlang gelangen wir zu einer Aussichtplattform. Die Schautafel erläutert die vor uns liegende Landschaft. Weit schweift der Blick über das fast baumlose Quellgebiet der Rur bis zu den bewaldeten Höhenrücken am Horizont. Links ragen die markanten toten Baumstümpfe des "Noir Flohai" in den Himmel. Hinter uns liegt „Botrange“ mit 694m der höchste Punkt Belgiens. Auch hier ist eine Einkehr möglich.

Signal de Botrange,                                      Beerensammler                                            weite Einsamkeit                höchster Punkt Belgiens                             am Rande des Venns   

 Der Weiterweg führt zwischen Wald und Venn abwärts bis zu einer Wegbarriere, wo es 200m nach links und anschließend wieder am Waldrand entlang auf der „Maria-Theresia-Allee“ bis zu einem Grenzstein mit den Buchstaben „LUX“ auf der Vorderseite und „LIMB“ auf der Rückseite geht. Diese Steine wurden während der Regierungszeit der österreichischen Kaiserin gesetzt, denn seit 1749 gehörte Limburg zu Österreich.

 

Vor dem Grenzstein wenden wir uns dem hier links abbiegenden Weg zu, der weiter am Waldrand entlang, dann schließlich auf unseren Hinweg stößt, von wo wir nach 700m noch vorbei an dem belgisch preußischen Grenzstein "155" wieder unseren Ausgangspunkt erreichen.
Zum Ausklang der Wanderung kann man in Baraque Michel einkehren und dabei noch einmal die Eindrücke dieser einzigartigen noch erhaltenen Urlandschaft auf sich einwirken lassen. Sicher war es keine wie eingangs schon erwähnt gewöhnliche Wanderung. Umrundete man doch eine Fläche, die ohne spektakuläre Höhepunkte war und der Blick immer wieder über eine weite, fast endlos wirkende Landschaft streifte. Aber ist es nicht diese Weite und Einsamkeit, die wir in unserem hektischen Umfeld vermissen und nach der wir uns hin und wieder sehnen. Da reicht es nicht, einmal am Parkplatz auszusteigen und mal ein Stück die Holzstege zu betreten, um einen Blick, wie auf einem Bild, in die Landschaft zu werfen. Die einprägenden Eindrücke werden nur bei einer Wanderung festgehalten.

 

Information: Wanderkarte 1:25000 Hohes Venn/Hautes Fagnes. Es ist eine einsame Wanderung, die auf Wegen ohne besondere Markierung verläuft aber zur Orientierung führt der Weg im Uhrzeigersinn um das Wallonische Venn herum, das zur C-Zone gehört und nur in Begleitung ermächtigter Personen betreten werden darf. Bei Brandgefahr ist an den Zugängen zum Venn eine rote Fahne gehisst, die das Betreten nicht erlaubt. Das Mitführen von Hunden, auch an der Leine, ist nicht gestattet. Je nach Jahreszeit und Witterung können die Pfade sehr morastig sein und man kann durchaus an manchen Stellen einige Zentimeter einsinken.

 

Informationen zu Grenzsteinen siehe auch Venn-Wanderung

 

Moortümpel

Strecke: Rundwanderung 14,5 km, nur unbefestigte Wege und Pfade teils mit Holzstegen unterbrochen.
Schwierigkeit: leichte Wanderung, kaum merkbare Höhenunterschiede, Holzstege können bei Feuchtigkeit glatt und rutschig sein und nach Regentagen ist mit matschigen Pfaden zu rechnen. Auf- und Abstiege 160m,

 Einkehrmöglichkeit: unterwegs keine, daher Rucksackverpflegung. Rastplätze oder Bänke sind nicht vorhanden, nur am Lothringer Kreuz bieten Steine eine eventuelle Sitzgelegenheit. Am Parkplatz  Restaurant "Baraque Michel"   https://baraquemichel.com/

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