Quer durch das Kutenhardt-Venn

Das Hohe Venn gehört zu den niederschlagsreichsten Landschaften Mitteleuropas. Blauer Himmel und strahlende Sonne sind über dem Hohen Venn wesentlich seltener als in anderen Gebieten der Eifel. Wenn in Monschau die Sonne scheint, kann es auf der "Botrange" regnen. In Monschau haben sich die Luftmassen, die von Westen her dem Venn Regen bringen, vielfach abgeregnet. Der Niederschlagsreichtum ist eines der prägenden Elemente für Klima und Wetter im Hohen Venn.
Natürlich passen dunkle Wolken und Nebel zu einer überwiegend mystischen Stimmung einer Moorlandschaft. Sie geben das Gefühl in einer anderen Welt zu sein.  Sonnenschein lässt dagegen bei der Weite der Landschaft ein Gefühl von Freiheit entstehen. Dieses wollen wir bei der heutigen Wanderung spüren, denn das Wetter zeigt sich von der sonnigen Seite. Dabei bringt sie jetzt im Herbst Farbe in die Landschaft.

ehem. Jagdhütte

Bergpfad ins Getzbachtal

Am Naturzentrum "Haus Ternell" ist unser Start. Das mitten im "Herzogenwald" gelegene Gebäude errichtete der Monschauer Tuchfabrikanten Scheibler 1773 als Jagdhütte. Später wohnten die Förster dort. Heute ist es ein beliebtes Restaurant und Ausgangspunkt für zahlreiche Wanderungen.
Die Straße wird überquert und wir wandern auf dem asphaltierten Waldweg bis dieser einen Rechtsbogen macht. Dort folgen wir geradeaus dem Hinweis „Getzbach“. Es ist schon ein abenteuerlicher Pfad, der Konzentration erfordert, wenn er über Felsen, Baumwurzeln und schlammige Passagen, manchmal zwischen den Bäumen dabei steil bergab führt. Nach Querung eines Asphaltweges geht es genauso weiter über Stock und Stein bergab. Am Ende des Abstiegs erreichen wir den "Getzbach", er erinnert schon an einen wild dahinfließenden Gebirgsbach. Er trägt zur Entwässerung des „Brackvenns“ und des „Steinley-Venns“ bei und fließt in die Wesertalsperre.
Hinter der Brücke wandern wir rechts talaufwärts erst noch bequem. Dann wird der Weg immer moorastiger, weil die am Rande liegende „Diekdenquelle“ nach regenreichen Wochen in den Weg entwässert. So umgehen wir trockenen Fußes mit dem im Hang verlaufenden schmalen Trampelpfad diesen morastigen Abschnitt. An einem alten Fahrweg wenden wir uns nach links und steigen mit der "rotweißen Markierung" rechts durch den Wald bergauf. Die Markierung zeigt uns die Richtung, denn der Pfad ist hier im Wald kaum zu erkennen. Oben auf der Höhe beginnt das "Kutenhardt-Venn". Es gibt nur noch wenig Venngebiete, die die Weite und Einsamkeit dieser Landschaft so erleben lassen wie das "Kutenhardt-Venn", das hier und da von kleinen Laubbaumgruppen durchsetzt ist. 

Getzbachbrücke

Trampelpfad im Getzbachtal

Auf einer Grasschneise wandern wir am Waldrand entlang mit Blick über die weite Landschaft.
Das Venn war in früheren Zeiten ausgedehnter. In der Preußenzeit wurden weite Teile mit Fichten angepflanzt. Andere Flächen nutzten die Bauern als Weideland, sodass der Bewuchs klein blieb. Heute werden im Rahmen des Naturschutzes Fichten abgeholzt, um den offenen Charakter der Landschaft wieder herzustellen. Die oberste Bodenschicht, der von Nadelholz befreiten Flächen, wird geschält, um das Aufwachsen von Heidekrautgewächsen zu begünstigen. Die Vegetationsdecke soll wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden. Auf der rechten Seite sind solch bearbeiteten Flächen zu sehen. Um im Laufe der Jahre den Urzustand des Venns wieder herzustellen müssen die Moorentwässerungsgräben, die vor Jahrzehnten von Menschen angelegt wurden, wieder geschlossen werden.

Aufstieg zum Kutenhardt-Venn

entlang des Kutenhardt-Venns

Ein Graben wird noch mit einem Steg überquert, bevor wir das „Kutenhardt-Venn“, eigentlich eine wenig bekannte Moorlandschaft, durchqueren. Daher wurden sicher die inzwischen maroden Holzstege abgebaut und nicht wieder repariert. Der folgende Grasweg ist aber bis auf einige Matschstellen gut begehbar. Zahlreiche Wildspuren zeigen, dass auch bei den Tieren dieser Grasweg sehr beliebt ist.

Kutenhardt-Venn

Rechts und links sind auf diesen Abschnitt Farne die vorherrschende Vegetation, die jetzt im Herbst die Landschaft in ein rostrotes Farbenmeer taucht. Dann geht es durch ein kleines Birkenwäldchen, in dem wir nun versuchen den mittlerweile vom Wasser durchnässten Weg möglichst auszuweichen. Was aber nicht immer so gelingt. Schließlich sammelt der Eschbach hier sein Wasser. Aber mit Geduld und Gelassenheit wird auch diese Schwierigkeit bewältigt und der Zustand der Grasschneise bessert sich. Die Landschaft ringsum ist überwältigend.

Venn-Weg

rostrotes Farbenmeer

Es gibt nur noch wenig Venngebiete, die die Weite und Einsamkeit dieser Landschaft so erleben und spüren lassen wie das "Kutenhardt-Venn". Die weiten Farnflächen geben der Landschaft einen eigenen Charakter. Für Abwechslung sorgen in der offenen Landschaft kleine Laubbaumgruppen wie Birken. Von dem lichten Birkenwald geht eine eigene Atmosphäre aus. Die Birke ist gleichsam der Charakterbaum der Hochmoorlandschaft.

Naturidylle

Pfad zum Eschbach

Nach ca 2Km endet am Waldrand dann erstmals die erste Querung des "Kutenhardt-Venns". Eine zweite steht uns später noch bevor. Zunächst wandern wir auf der gemähten Brandschneise, die das Venn vom benachbarten Fichtenforst trennt, mit einem atemberaubenden Venn-Panorama zum "Eschbach". Der hat mittlerweile einen kleinen Bach zustande gebracht. Den gilt es nun zu überwinden und folgen dem "Grünen Rechteck".

Eschbach

Pfad im Eschbachtal

Die, von anderen Venn-Wanderern darüber gelegte Baumstämmchen, erfüllen aber nicht den gewünschten Zweck. So helfen uns die im Bach liegenden Steine das Bachbett zu queren. Ein herrliches Naturerlebnis. Es folgt nun ein Streifzug durch ein urwaldähnliches Tal mit dem gurgelnden Bach, der aber meist von Farn und anderem Gesträuch im Verborgenen sich dahin schlängelt. Dieser war lange Zeit ein Grenzbach, zunächst zwischen Limburg und Jülich und später trennte er in der Preußenzeit die Kreise Eupen und Monschau. Kleine Wasserfälle und Bachschnellen zeigen hier und da die typischen Merkmale eines Wildbaches. Wir wandern durch einen prächtigen Naturwald aus Eichen, Birken, Eschen und Buchen auf einem verschlungenen Pfad talwärts. Dieser ist kaum zu erkennen, da der Farn und das Gras hüfthoch wachsen.Ein imposantes Naturschauspiel bietet er im Herbst bei einfallender Sonne. Sie taucht die Landschaft in ein orange-rot leuchtendes Farbenmeer. Verzaubert und unwirklich sieht es aus.

Aufstieg zum "Eifelsteig"

"Reinartzhof" Rastplatz

Bei „Waidmannsruhe“ treffen wir an der Forsthütte auf einen asphaltierten Forstweg, den wir nun über die Brücke 1,2km bergan gehen. Dort treffen wir auf den „Eifelsteig“, dessen Logo hier in Belgien ein gelb-grüner Balken zeigt. Auf dem Schotterweg wandern wir vorbei an dem von der Familie Braun Neicken 1918 gewidmeten Wegekreuz. Dann fällt links eine Infotafel auf, die nun von dem Unterhof. einem der ehemaligen drei Höfe auf dem "Reinard", erzählt.
Hier, wo heute die Eifelsteig-Wanderer von Trier nach Aachen unterwegs sind, zogen seit dem frühen Mittelalter Pilgerscharen zu den Heiligtümern nach Aachen. Sie brachten der Stadt Aachen immer sehr willkommene Einnahmen. Sie sorgte sich um das Wohl der Pilger und damit diese wohlbehalten über das Hohe Venn kamen, siedelte die Stadt Aachen im 14.Jh. einen Eremiten im Venn an, wo der Pilgerweg den Steinbach überwinden musste. Der Einsiedler hatte Weg und Steg in Ordnung zu halten, notfalls auch Pilger bei sich zu beherbergen und zu beköstigen. Dafür wurde er von der Stadt Aachen bezahlt. Bei Nebel oder Schneetreiben hatte der Eremit eine Glocke zu läuten. Diese existiert noch heute in der Monschauer Pfarrkirche.
Aus der Einsiedelei entwickelte sich die spätere Siedlung Reinartzhof. Der Dreißigjährige Krieg von 1618-1648 hat den Reinatzhof völlig zerstört. In der folgenden Zeit wurden zwei Höfe errichtet. Nur 100m weiter wurde erst im 19. Jh. der Mittelhof errichtet. Auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes haben Raerener Pfadfinder als Erinnerung an die alte Siedlung aus Mauerresten der abgerissenen Höfe eine Marienkapelle errichtet, weiter befindet sich hier ein Holzkreuz und eine Schutzhütte.

ehem. Oberhof

nächster Zugang zum "Kutenhardt-Venn"

Wie schön wäre es, wenn es die früher im Oberhof bewirtschaftete Gaststätte noch gäbe und man einkehren könnte. Jetzt müssen wir zu einer Rast mit der Bank an der Schutzhütte vorlieb nehmen.
1962 wurde die Siedlung enteignet, die Bewohner mussten umsiedeln, weil die historische Ansiedlung im Einzugsgebiet der Wesertalsperre lag und die Abwässer das Trinkwasserreservoir bedrohten. 1971 verließen die letzten Bewohner ihre Häuser, die schließlich abgerissen wurden. Still ist es auf dem "Reinard" geworden, niemand treibt mehr das Vieh auf die grünen Wiesen, die mittlerweile immer mehr verbuschen. Alljährlich wird hier zu Pfingsten noch ein Gedenkgottesdienst abgehalten.

herrlich und nichts ahnened, dass.........

.........."unter jedem Tritt ein Quellchen springt"

Nach der Rast geht es vorbei an dem ehemaligen Oberhof zum Rand des "Kutenhardt-Venns", das wir nun ein zweites Mal durchqueren, auch dieser Übergang ist wieder ohne Holzstege. Auf der folgenden Grasschneise wandern wir zunächst noch zwischen kleinen Birkenbeständen und weitem Blick über das Venn. Das ändert sich dann aber und unsere Aufmerksamkeit wird auf den Boden gerichtet. Der ist nun einem Moor entsprechend nass und die Worte der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff, „unter jedem Tritt ein Quellchen springt“, sind wieder aktuell. Dem heutigen Vennwanderer davon vorzuschwärmen „herrlich ist’s über Moor zu gehen“, wird dieser aber sicherlich unter diesen Voraussetzungen  ins Grübeln kommen. Soweit wie möglich versuchen wir der Nässe auszuweichen, aber trockene Fleckchen sind nirgends.
Es ist aber nicht immer so. Wir haben nun leider einen Tag angetroffen, nachdem viel Regen in den letzten Wochen im Venn gefallen ist. Das Venn ist wie ein Schwamm, der Wasser noch zusätzlich aufsaugen kann.

Abschied vom "Kutenhardt-Venn"

Aber auch diese abenteuerliche Kutenhardt-Passage endet nach 1,7km an einem mehrere Meter langen Holzsteg. wir können nun rechts am Vennrand mit Büschen und Wald zur linken 1,8km entlang entspannt trocken weiter wandern und die weite herbstliche Landschaft genießen.
Dann treffen wir wieder auf den Hinweg, dessen Tücken wir schon kennen. Der Aufstieg mit 75 Höhenmetern aus dem Getzbachtal erfordert dann noch einmal letzte Kräfte. Wer diese wieder herstellen möchte, kann dies am Ende in der Gaststube oder der Außenterrasse des Gasthauses Ternell machen.
Es war eine Wanderung, bei der wir die Natur von ihrer ursprünglichen wilden Seite erlebt haben, auf eine unwirkliche Art wie aus einer anderen Zeit. Vor allen Dingen begeisterte eine oft schier unendliche Perspektive.

Information: Belgische Wanderkarte „Hohes Venn“, Wanderkarten sowie kostenloses Prospektmaterial zu Wander- und Radtouren im Naturparkzentrum Ternell erhältlich. Vor Start Informationen über eventuelle Wegsperrungen einholen.
Streckenlänge: 14,5km Rundwanderung, tlw. rotweiße Wegmarkierung, Hinweisschilder,
Schwierigkeit: Die Strecke ist anspruchsvoll. Trittsicherheit erforderlich, steiler Pfad hinunter ins Getzbachtal und am Ende zurück mit Aufstieg; auch im Eschbachtal ist Vorsicht geboten, meist unbefestigte Wege, keine Holzstege, Grasschneisen und nasse, matschige Pfade durchs Venn, daher knöchelhohe, feste und wasserdichte Wanderschuhe empfehlenswert; wegen der schlechten Bodenverhältnisse, Felsen, Wurzeln, Matsch ist eine Wegezeit von 5Stunden zu erwarten. Auf- und Abstiege 280m
Einkehrmöglichkeit:  in Ternell

Video:  Quer durch das Kutenhard-Venn

Naturzentrum Ternell

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