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Komm mit wandern!

Dernauer Runde
ein Jahr nach der Flutkatastrophe

Das Ahrtal zählt zu den beliebtesten Wanderregionen Deutschlands. 2021 wurde es von einer verheerenden Flutkatastrophe heimgesucht. Meterhoch stand in den Orten entlang der Ahr das Wasser. Menschen sind ertrunken, Häuser sind zerstört und unbewohnbar geworden, Ein Jahr liegt die verheerende Flut nun zurück, aber immer noch sind die Folgen der Flutkatastrophe unübersehbar.
Kann man nach der Flut vom 14./15. Juli 2021 und den großen Zerstörungen überhaupt das Ahrtal besuchen? Bin ich dort überhaupt erwünscht?
Die Ahrtaler sagen ganz klar: JA! Wir bauen wieder auf! Das Ahrtal ist und bleibt Tourismus-Region!

"Försterhof"

Blick nach Ahrweiler und Bad Neuenahr

So wollen wir diese immer noch einzigartige Naturlandschaft mit sanften Hügeln, wilden Felszacken und fast mediterranen Weinbergen auf einer Wanderung neu entdecken. Dazu fahren wir im „Teufenbachtal“ hinauf zum „Försterhof". Da nach der Wanderung hier eine Einkehr geplant ist, besteht gegen eine Benutzung des Parkplatzes kein Einwand. Hier verläuft auch der bekannte „Rotweinwanderweg“, dem wir nun auf dem kleinen Sträßchen bergan folgen. Vorbei geht es am „Altenwegshof“ zu einem Wanderparkplatz. Während den Herbstwochenenden wird hier von Winzern ein köstlicher Rebensaft angeboten, der gerne zu einer Trinkpause genutzt werden kann. Hinter dem Parkplatz führt uns ein aussichtsreicher Wanderweg zum Aussichtspavillon „Bunte Kuh“.
Ein dem Namen entsprechendes Bild der „Bunten Kuh“ findet man in der Hütte. Treppen führen hinauf zum Aussichtspunkt mit Pavillon. Wie aus der Vogelperspektive gleitet der Blick ahraufwärts bis Dernau.
Nach Osten öffnet sich das Tal und nimmt Ahrweiler mit dem mächtigen Komplex des Klosters im Vordergrund sowie Bad Neuenahr auf, das von der weit über das Tal spannende Bauwerk der A61 begrenzt wird. Dahinter der markante Vulkankegel der „Landskrone“ mit seiner weit sichtbaren weißen Kapelle und am Horizont, schon auf der anderen Rheinseite, die Berge des Westerwalds.

                  "Bunte Kuh"                                      "Kuhkopf"                                   Wanderlandschaft

Der Blick zur andren Talseite geht ins „Heckental“ mit dem Aussichtspavillon auf der „Katzenley“ am Eingang des Tales. Der Fels der Bunten Kuh liegt unsichtbar tief unter uns auch von der verheerenden Flutkatastrophe ist von hier oben kaum etwas zu sehen.
Zurück nehmen wir den links durch den Wald führenden Weg, der wieder am Wanderparkplatz endet. Hier folgen wir jetzt den etwas abseits von den Wanderwegen gelegenen zum „Weingarten“ bergan führenden Weg. Versteckt am Waldrand liegt diese idyllische Sraußenwirtschaft mit einer herrlichen Aussicht auf die Weinberge. Bei einem Glas Wein kann man diese wunderschöne Landschaft genießen. Es fällt schwer, diesen beschaulichen Ort zu verlassen, aber wir wollen noch einiges mehr erleben. Es geht durch ein kleines Waldstück bevor wir wieder in die Weinberge kommen. An einer Wegkreuzung biegen wir rechts ab und wandern bis zum Waldrand. Der hier etwas versteckt geradeaus führende Pfad öffnet sich aber schon bald zu einem herrlichen Waldweg.

          idyllischer Waldweg                          "Containerschule" Dernau               ehem. Portal "Kuxberg-Tunnel"

Er führt uns leicht bergab ins „Kratzenbachtal“und der Klosterstraße, die links nach Marienthal führt. Wir meiden aber den Asphalt und wandern geradeaus an den Weinreben entlang und biegen in den nächsten links abgehenden Grasweg ab. Durch Weinberge geht es leicht links bergab und treffen auf die schon erwähnte kleine Straße, die uns zu einem großen Platz bringt. Links fällt eine große Betonwand auf. Dort befand sich der Tunneleingang des „Kuxberg-Tunnels“. Rechts am Ende des weltläufigen Plateaus war der Eingang zum „Trotzenberg-Tunnel“. Beide Tunnel gehören zu den 5 einer ehemals „unvollendeten Eisenbahnstrecke“. Sie konnte aber während des Ersten Weltkrieges und wegen den Bestimmungen der Siegermächte nicht zu Ende gebaut werden. Nach 1933 wurden die Tunnelanlagen als Arbeits-Beschaffungsmaßnahme zur Zucht von Champions erschlossen. 1943 wurden sie zu Rüstungszwecken umgebaut, um beispielsweise Anlagen für die V2 Raketen zu bauen. Dazu wurde hier ein Lager eingerichtet in dem von September 1943 bis Dezember 1944 1500 Menschen aus 8 Ländern Zwangsarbeiten verrichten mussten. Darunter waren 513 KZ-Häftlinge aus Buchenwald und Auschwitz. Nach Abzug der Rüstungsproduktion im Dezember 1944 wurden die Tunnel von der Zivilbevölkerung als Luftschutzbunker genutzt. Unter Einbeziehung dieser beiden Tunnel wurde zwischen 1960 und 1972, während des „Kalten Krieges“, der Regierungsbunker als Ausweichsitz für die Verfassungsorgane errichtet. Durch einen unterirdischen Verbindungsgang in 60m Tiefe waren beide Tunnel verbunden.
Im 17,3km langen Stollengeflecht des Bunkers konnten 3000 Personen untergebracht werden. 1997 entschied die Regierung den Ausweichsitz aufzugeben. Der Bunker wurde bis 2006 vollständig entkernt. Aufgrund der geschichtlichen Bedeutung blieb ein 203m langes Teilstück des Regierungsbunkers erhalten und wurde 2007 zu einer Dokumentationsstätte hergerichtet. Die Anlage ist bei Ahrweiler im oberen Taleinschnitt zwischen „Silberberg“ und „Kuxberg“ zu besichtigen.
Um auf das begangene Unrecht an unschuldigen Menschen hinzuweisen, wurde 2017 diese Erinnerungsstätte „Lager Rebstock“ errichtet.

 ehem. Portal "Trotzenberg-Tunnel"         Klosterruine "Marienthal"                          Marienthal

Ebenfalls auf dem Gelände wird nach den Sommerferien 2022 die Grundschule St. Martin aus Dernau hier in ein Containerdorf umziehen, da sie bei dem Ahr-Hochwasser im Juli 2021 stark beschädigt wurde. Auch die Kleinen finden hier in einer neuen Kita Platz.
Beeindruckt von den furchtbaren Ereignissen am Ende des Krieges und den Hochwasserfolgen setzen wir unsere Wanderung fort. Es geht zunächst ca 300m die „Klosterstraße“ bergab und rechts in einer Leitplankenlücke die Treppe hinunter. Auf der anderen Straßenseite wandern wir mit dem Rotweinwanderweg mit Blick zu den Ruinen des „Klosters Marienthal“ in die Weinberge. Das Kloster wurde im 12. Jh. als Augustinerinnenkloster „Mariae Vallis“ von den Grafen von Saffenburg als erstes Kloster im Ahrtal gestiftet. 1801 wurde es aufgehoben und die Gebäude abgetragen. Erhalten ist heute noch die Ruine der Klosterkirche. Die Gebäude gingen 2004 an mehrere Winzer, die heute Wein verkaufen und eine Gastronomie betreiben.
Der Rotweinwanderweg zeigt dann rechts bergan. Hier gehen wir aber weiter geradeaus hinunter nach Dernau, wo wir ein Jahr nach der Flutkatastrophe den Zustand des Ortes und der Häuser uns einmal ansehen möchten. In Dernau biegen wir rechts in die „Hardtbergstraße“ ein. Und schon zu Beginn stellen wir fest, dass der Ort eine einzige Baustelle ist. Rund 90 Prozent der Häuser wurden von der Flut unterschiedlich stark beschädigt. Viele Häuser werden noch renoviert, manche mussten sogar abgerissen werden. Viele Menschen sind noch nicht wieder da, wo sie früher gelebt haben. Elf Todesopfer hatte Dernau zu beklagen.

             "Hauptstraße"                             Fachwerkhaus nach der Flut             "Aufgeben gibt es nicht"      

Über „Mahrweg“ und „Römerstraße“ gelangen wir vorbei am Friedhof zur „Hauptstraße“. Auf dieser schmalen und engen Straße lassen wir uns Zeit, um die auch nach einem Jahr durch die Flut noch vorhandenen Schäden anzuschauen. Es ist ein zerstörtes Dorf und von ehemals einem romantischen Flair keine Spur. Alles ist praktisch in Mitleidenschaft gezogen worden. Weingüter wurden verwüstet, Keller geflutet oder sogar ganze Produktionshallen weggerissen – samt Maschinen, Keltern und Weinfässern. Immer noch ist die Zerstörung gigantisch. Nichts ist so wie es einmal war. Aber von dem Mut der Menschen sprechen an einer Hauswand diese Zeilen. „Aufgeben ist keine Option. Das Alte, das gut war nehmen wir mit und das Neue, das es noch nicht gibt, bauen wir gemeinsam auf“.               

     neu gestalteter Rastplatz              "unvollendete Eisenbahntrasse"      Jubiläumsstein Rotweinwanderweg

Es ist der Schloßhof, der zwischen zerstörten Fachwerkhäusern noch einiges vom ehemals malerischen Ambiente ausstrahlt. Vorbei geht es an alten Fachwerkhäusern von denen teilweise nur noch das Fachwerk halten ist. In dieser wenig einladenden Umgebung finden wir aber an der Ecke zur „Burgstraße“ noch einen schön inzwischen wieder liebevoll neu gestalteten Rastplatz. Er gibt uns einmal Zeit an die Ängste und Schicksale der Bewohner des Ahrtales zu denken, von denen die meisten die Hoffnung für einen Neuanfang nicht aufgegeben haben.
Mit der „Burgstraße“ und der „Bonner Straße“ verlassen wir den bemitleidenswerten Ort und kommen in die Weinberge. Hinter Haus 60 erreichen wir rechts schon nach 50m die unvollendete Eisenbahntrasse mit dem links liegenden westlichen Portal des „Sonderbergtunnels“. Er gehört zu den 5 Tunnels, durch die im Ahrtal eine zweite geplante Bahnstrecke von Neuss über Erftstadt nach Rech und weiter über die Ahrtalbahn führen sollte. Er wird heute als Lagerhalle genutzt. Der Weg führt uns um den 120m langen Tunnel herum und geht hinter dem Ostportal auf der alten Trasse weiter, wo sie von hoch aufragenden Mauerbögen gesichert wird.
Zur Rechten begleitet uns eine einzigartige Aussicht auf Dernau mit dem alles überragenden „Krausberg“. Ahrabwärts geht der Blick in das immer enger werdende Tal. Am Ende der Trasse können wir dieses Panorama an einem Rastplatz noch intensiv erleben. Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Rotweinwanderwegs wurde im Jahr 1998 hier ein Jubiläumsstein aufgestellt. Der Blick hinunter ins Tal zeigt von hier nur wenig von der Zerstörung.
Nach Überquerung einer Brücke geht es auf dem „Rotweinwanderweg“ und auf diesem mit herrlichen Aussichten durch die Weinberge und umrunden quasi Dernau.
Der 1972 eröffnete Rotweinwanderweg entspricht zwar nicht den Erfordernissen eines Premium-Wanderwegs, da viele Abschnitte für den landwirtschaftlichen Verkehr asphaltiert sind, er gehört aber trotzdem zu den beliebtesten Wanderwege Deutschlands. Man schätzt, dass 1 Million Wanderer im Jahr den Rotweinwanderweg begehen und ihn besonders an den Wochenenden im Herbst prozessionsartig bevölkern.
Uns leitet das Logo weiter bis wir nach km8,6 den Rotweinwanderweg verlassen und dort links bergan wandern, um nicht auf den vom Kloster Marienthal führenden Hinweg zu stoßen. Jetzt blicken von einer höheren Hangterrasse hinunter auf die ehemalige Klosteranlage. Am Ende dieses kleinen Seitentals stoßen wir unterhalb des „Lagers Rebstock“ auf die von „Marienthal“ kommende Straße, die hier endet. Gegenüber folgen wir nun entlang eines Zaunes einen 70m langen verwachsenen Pfad bis zur „Klosterstraße“, die wir bereits kennen. Wir wandern die Straße mit einem Rechtsbogen bergan. Nach 40 Höhenmetern bietet sich ein herrlicher Blick ins Ahrtal mit „Marienthal“, das ebenfalls einer Baustelle gleicht. Weiter leicht bergan führt uns der aus dem Tal kommende Rotweinwanderweg Weg durch steile Weinberghänge zur „Trotzenberg-Hütte“ mit Aussichtspunkt.
Weiter durch die Weinberge zweigt an einem kleinen freien Platz ein Pfad rechts zur „Fischley“ ab, diesen kurzen Abstecher sollte man nicht auslassen, Mit Aussichtspavillon und Sinnesliege ausgestattet erlebt man von dem Felsen einen phantastischen Blick ahraufwärts nach Dernau und abwärts auf den sagenumwobenen Felsen der „Bunten Kuh“, der hier unter uns auf die Talenge blickt. Dem Namen liegt ein sprachliches Missverständnis zugrunde. Französische Soldaten lobten den hier angebauten Wein mit den Worten: „Cest bon de gout“ (schmeckt gut), was die Ahrwinzer als „Bunte Kuh“ verstanden.
Der heutige Blick ins Tal ist nach der Flutkatastrophe erschreckend. Hier zwängten sich Straße, Eisenbahn und Ahr gemeinsam zwischen die Felsen hindurch. Auf der ganzen Fläche hat die meterhohe Flut das Tal dem Erdboden gleich gemacht.
Die Eisenbahn ist samt Brücke weggespült ebenso die Ahrbrücke die hier zu einem kleinen Wanderparkplatz führte, daran erinnert nur noch ein Brückenbogen. Eine Behelfsbrücke verbindet zurzeit beide Ahrufer. Der Felsen der bunten Kuh ist bei diesem Anblick zweitrangig.

         Ahrtal - Engestelle                               "Bunte Kuh Felsen"                                  "Försterhof" Terrasse

Zurück zum Rotweinwanderweg verlassen wir diesen aber hier und wandern an der Bank vorbei leicht bergan und sehen schon bald mit dem „Försterhof“ das Ende der Wanderung. Auf der romantischen und beschaulich wirkenden Terrasse lassen wir eine im Grunde herrliche Wanderung mit vielen Aussichten ausklingen.
Das Fazit nach einem Jahr Flutkatastrophe ist aber erschreckend. Das Ahrtal gehört zwar immer noch zu den schönsten Wanderregionen, aber der Fluss hat rechts und links seines Laufs das Tal so verändert, dass es kaum noch wieder zu erkennen ist. Für den Aufbau und die Infrastruktur werden Jahre vergehen und so romantisch wie es einmal war, wird es wohl nie mehr werden. Trotzdem rate ich allen Wander-Begeisterten, geht ins Ahrtal und erlebt es mit all seinen Facetten. Ihr seid dort herzlich willkommen.

Information: Wanderkarte Nr.9 „Ahrtal“ des Eifelvereins, Beschilderung teilw. Rotweinwanderweg, Fernglas lohnt sich;
Streckenlänge: Streckenwanderung gesamt ca. 11,5 km
Schwierigkeit: leicht, Auf- und Abstiege 250m
Einkehrmöglichkeit: Unterwegs Kloster Marienthal, Försterhof, Altenwegshof, im September u. Oktober „Weingarten“ und verschiedene Weinstände unterwegs

steiler Weinberg mit Dernau

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