Kampf um die "Wilde Sau" 

„Killing Field“ im Hürtgenwald


September 1944 hatten US-Einheiten des VII. US Corps südlich von Aachen die erste und zweite Westwall-Linie durchbrochen und waren erst am 17. September durch frisch eingetroffene deutsche Truppen in Lammersdorf und Schevenhütte gestoppt worden. Ziel war es noch vor Einbruch des Winters einen Brückenkopf östlich des Rheins zu errichten. In Vorbereitung der kommenden Rheinoffensive beschloss der Kommandeur des VII. US Corps, General Collins, mit der 9. US-Infanteriedivision aus dem Raum der Roten Wehe bei Zweifall über die Höhenstrasse (heutige B 399) im Bereich Vossenack-Germeter und von dort weiter Richtung Schmidt anzugreifen, um 

Soldatenfriedhof Hürtgen

einen rechten Korridor als Schutz vor Flankenangriffen einzurichten. Ein weiteres strategisches Ziel war die Ortschaft Hürtgen. Am 6.Oktober 1944 griffen zwei Regimenter an, das 39. im Norden Richtung Wittscheidt und das 60. zwischen Richelskaul und Todtenbruch in Richtung der Bunkerkette an der Kreuzung Raffelsbrand. Das 47. US. Regiment hielt weiter die Stellung in Schevenhütte. Während ein Bataillon des 60. US-Regiments fast eine Woche von einem deutschen Vorposten im Bereich der heutigen Siedlung Raffelsbrand aufgehalten wurde, kam es zu schweren Kämpfen zwischen G.I.s des 39. Infanterieregiments der 9. US-Infanteriedivision und Soldaten der deutschen 275. Infanteriedivision um die Bunker im Tal der Weißen Wehe. Schließlich mussten sich die Deutschen auf die Verteidigungsstellung im Raum Germeter zurückziehen.

 Soldatenfriedhof Hürtgen

 Zwischen "Germeter" und "Hürtgen" liegt heute an der B399 der Soldatenfriedhof Hürtgen mitten im Walddistrikt „Wilde Sau“. Regimenter dreier amerikanischer Divisionen, der 9. der 28. und der 4., hatten hier gekämpft und hohe Verluste erlitten. Die Soldaten beider Seiten hatten unbeschreibliches Grauen erlebt. Mitten in diesem Kampfgebiet haben auf dem Friedhof 3001 Kriegstote ihre letzte Ruhe gefunden, darunter 2925 deutsche Soldaten, 35 Zivilopfer, 27 Russen. 13 Polen und ein Belgier.

 

Hier starten wir unsere nächste Wanderung (398m) auf den Kriegsspuren der Hürtgenwaldschlacht von Herbst 1944 und werden im Tal der "Weißen Wehe" auf Entdeckung gehen. Im Eingangsbereich des Friedhofes wurde 1994 anlässlich des 50-jährigen Gedenkens an den „D-Day“ (Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944) von Veteranen der 4. US Infanteriedivision eine Stele errichtet, die an den deutschen Leutnant "Friedrich Lengfeld" erinnert. Er war am 12. November 1944 bei dem Versuch, einem amerikanischen Verwundeten aus einem Minenfeld in unmittelbarer Nähe des heutigen Friedhofes zu bergen, selbst schwer verwundet worden und diesen Verwundungen auf dem Verbandsplatz "Lukas-Mühle" am gleichen Tag erlegen. Der Leutnant bekam seine letzte Ruhestätte auf der Kriegsgräberstätte Düren-Rölsdorf, Grab-Nr. 38

       Gedenkstein                                     Reste zerschossener Bäume                     Weg im Walddistrikt                    für Lt. Friedrich Lengfeld                                                                                                               "WildeSau"

 Zunächst gehen wir ca. 500m auf dem Rad-Gehweg an der B399 entlang. Rechts liegt der Friedhof und links geht der Blick weit über die Landschaft zur markanten Kuppe des Burgberges, von wo aus die Deutschen sämtliche Truppenbewegungen beobachten konnten. Aufgrund der exponierten Lage der Orte war keine Bewegung ohne Beobachtung durch den jeweiligen Gegner möglich. Diese Lage machte es jedoch auch schwierig, sie in Besitz zu nehmen. 

Die Straße war lange Zeit Kampfgrenze. Rechts beginnt ein freies Feld, das in der Karte als „Wilde Sau“ bezeichnet ist. Hier verlassen wir die Straße und wandern auf dem Wirtschaftsweg weiter bis zu einem Tor, an dem wir durch eine Schleuse den Wald betreten. Links geht es weiter auf einem naturbelassenen Waldweg durch den Walddistrikt „Wilde Sau“. In dem nachfolgenden Gelände kann man bis hinunter ins Wehebachtal alte Schützenlöcher entdecken.
Viele Verluste erlitten die Kämpfenden durch Baumkrepierer, daher war das Schanzen und Eingraben lebenswichtig. Was mit den kleinen Flachspaten in dem steinigen Boden oft nur scheibchenweise möglich war. In dem erst nach dem Krieg neu aufgeforsteten Wald sind auch heute noch Immer wieder Stellungen auszumachen.
Ein quer liegender Baum versperrt uns zunächst den Zutritt zum nächsten Forstweg, den wir nach Umgehung des Hindernisses links weitergehen. Der naturbelassene Weg endet in einem kleinen Seitental der "Weißen Wehe", das hinauf nach "Wittscheidt" führt. Vorrückende Soldaten waren hier mit wenigen Verteidigern aufzuhalten. 

          alte Feldstellung                                        "Germetsbach"                 Spähposten mit Blick ins Wehebachtal

 Wir folgen rechts spitzwinklig abbiegend (7) dem kleinen Gewässer des "Germetsbaches" talwärts bis zu einer Brücke (2,0km, 385m), wo wir den Bach links überqueren und dort auf dem Forstweg (46 Wehebachschlucht) weiter wandern. Leicht bergan machen wir an der nächsten Linkskurve einen kurzen Abstecher nach rechts, von wo ein schöner Blick ins Tal und auf die andere Seite lockt (2,3km, 390m). Für einen Spähposten ist hier eine ausgezeichnete gut einzusehender Stelle, so sind auch hier wieder Spuren von Grabungen zu entdecken. Sicht und Schusslinien mussten allerdings frei gemacht werden. Weiter geht es auf einem angenehmen Weg im Osthang des Wehebachtales. An der nächsten Linkskurve war ein erneuter Spähposten. Erdaushebungen und auch Betonreste sind zu entdecken. Im Hang und auch weiter im Gebiet „Katzenhardt“ befinden sich noch sehr viele Stellungen, die vom 39. Regiment der 9. US-Infanteriedivision und anschließend vom 109. Regiment der 28. genutzt wurden. Der Weiterweg stößt auf eine Wegekreuzung, an der wir rechts mit der „16“ und „94“ in einem kleinen Seitental der Wehe auf der „Alten Zweifaller Straße“ hinunter wandern (3,3km, 405m). In diesem Tal wurde der Angriff des Regiments "Wegelein" abgewehrt.

Das Regiment Wegelein war am 12. Oktober, als das 3. Bataillon des 39. US-Infanteriedivision das erste Mal Vossenack einnehmen wollte, überraschend in den Hürtgenwald gekommen und hatte von Norden die linke Flanke und US-Stellungen im Bereich der "Katzenhardt" und der Alten Zweifaller Straße angegriffen. Somit musste das 3. Bataillon im Raum Vossenack den Angriff einstellen, um im Gegenangriff die Flankenbedrohung zu stoppen. Die Verluste auf beiden Seiten waren hoch. So hatte das "Regiment Wegelein", eine zweitausend Mann starke, zur Hälfte aus Offiziersanwärtern zusammengestellte deutsche Einheit, bei einem übereilten Angriff in nur einer Nacht 500 Mann verloren. Ihr Kommandeur, Oberst "Wegelein", wurde tödlich verwundet, als er gegen jede militärische Regel, vor den eigenen Reihen patrouillierte. 

             alte Feldstellung                            Felsen oberhalb Bunker 429             Wehe an "Alte Zweifaller Straße"             im Osthang der Wehe

 Es ist die alte „Zweifaller Straße“, die während der Kämpfe als befestigte Nachschubstraße diente, über die auch Kettenfahrzeuge herangeführt werden konnten. Man hoffte auf diesem Weg, die Deutschen an der B399 von ihrer Hauptnachschublinie Düren abschneiden zu können. Der von hier aus am 2. November 1944 gestartete Angriff auf "Hürtgen" wurde wenig später durch die Deutschen im Bereich des Minenfeldes „Wilde Sau“ gestoppt. Das Minenfeld wurde für das 109. zur Todesfalle und musste bereits nach fünf Tagen durch das 12. Regiment der 4. US-Division abgelöst werden.

Weiter unten sehen wir rechts des Weges einen markanten Felsen. Auf dem davor erkennbaren Plateau befand sich der Bunker 429, etwas weiter rechts unten der Bunker 441/32. Drei weitere Bunker lagen links im Osthang der Weißen Wehe entlang des Waldweges. ( Nr. 431, Nr. 442/43 und Nr. 434) Alle Bunker wurden in der Nachkriegszeit bis auf die Bodenplatte abgerissen und teilweise übererdet, bei genauer Betrachtung können aber noch Betonreste entdeckt werden. In einem der Bunker befand sich während der Allerseelenschlacht der Gefechtsstand des Regimentskommandeurs des 112. Regiments der 28. US-Infanteriedivision, "Col. Peterson", der am 7. November 1944 auf der Ostseite des Kalltales im Bereich „Decke Ley“ schwer verwundet wurde. 

                entlang der Wehe                                 Korallenpilz im Winter              matschige Wege früher wie heute

Vor dem Bach wandern wir rechts im Tal den Weg weiter (3,8km, 360m). Der Hang ist übersät mit Deckungslöchern, die besonders nach Passieren einer Felswand nicht zu übersehen sind. Wasserpfützen und Matsch bedecken den Weg und bereiten uns beim Gehen einige Schwierigkeiten. Schlimmer war es im Herbst 1944. Durch das sich immer mehr verschlechternde Wetter entstand ein zusätzlicher Gegner für die vordringenden Amerikaner. Die schweren Fahrzeuge machten die Wege, die nicht einmal mit den heutigen zu vergleichen sind, zu einer Schlammpiste. Knöcheltief wateten die Soldaten durch den Matsch.

               wilder Wehebach                                Aussicht "Drei Eichen"        vermutlicher Gefechtsstand Boeschs

Der Wehebach fließt jetzt hier auf breiter Fläche durch eine naturnahe Auenlandschaft. Ein kleiner Wasserfall gestaltet die Kulisse noch wildromantischer. Beobachten kann man hier auch mit etwas Glück Fischreiher. Von rechts fließt ein kleiner Bach in die Wehe. 300m weiter stoßen wir auf die „76“, den "Paul-Boesch-Weg" (5,4km, 320m); und wandern diesen unscheinbaren Waldweg rechts talaufwärts. "Boesch" nannte dieses Tal „Death Valley“, Tal des Todes. Im oberen Bereich schloss sich die „Purple Heart Hollow“ an, beides Namen, die an verlustreiche Kämpfe erinnern.

 

Die engen Taleinschnitte waren bei den Amerikanern gefürchtet, da sie von den Deutschen hart verteidigt wurden und bei den Angreifern viele Opfer gefordert haben. Am Ende des Anstiegs geht es links moderater weiter bis zur Höhe mit dem Aussichtpunkt „Drei Eichen“ (6,1km, 380m). Der Blick schweift über das Wehebachtal zur gegenüberliegenden Talseite. Auf dem Weiterweg liegen rechterhand weitere Schützenlöcher, das dem Weg am nächsten gelegene war vermutlich Boeschs Gefechtsstand.
"Paul Boesch" war einer der Kompanieführer, der im November mit der 8. US-Infanteriedivision in den "Hürtgenwald" kam und den Platz der 28. einnahm. Sie sollte nun versuchen Hürtgen einzunehmen.

            Brandenburger Tor                            Blick hinüber nach Hürtgen                Walddistrikt "Wilde Sau"

Wir stoßen auf eine Wegekreuzung, wo wir rechts mit der „76“ leicht bergan weiterwandern. Hier befand sich im Herbst 1944 während des Angriffs auf Hürtgen eine amerikanische Erste-Hilfe-Station, von wo auch die amerikanischen Toten abtransportiert wurden. Am Ende der Steigung und des Waldes erreichen wir ein überdimensionales Holztor (7,5km, 375m), dass wegen seiner Größe auch den Namen „Brandenburger Tor“ erhielt. Der Blick geht von hier über eine weite baumlose Wiesenlandschaft Richtung Hürtgen, wo rechts am Waldrand im November 1944 der Gefechtsstand des Pionier-Ersatz-Bataillons 253 unter Hauptmann "Brückner" lag, das Anfang November mit 800 Mann in den Hürtgenwald kam und Ende des Monats nur noch 45 Mann hatte.

 Vor dem großen Wildgatter biegen wir rechts ab. Der Weg markiert in etwa die Angriffslinie des Angriffs von Boeschs Kompanie Ende November 1944. Zwischen dieser Stelle und dem Dorf Hürtgen liegt eine Senke, in der "Boesch" über 48 Stunden in Deckung vor feindlichen Feuer lag.

Wir durchqueren ein heute ruhiges und idyllisches Waldstück, das für viele Soldaten und nach dem Krieg auch für Bewohner der Umgebung zur Todesfalle geworden war. Hier befand sich das von den Deutschen angelegte Minenfeld „Wilde Sau“. Der Name stammt von der noch älteren Bezeichnung des Walddistrikts. Der 8. US Division gelang es schließlich Ende November Hürtgen einzunehmen und wenige Tage später "Bergstein" zu erreichen.
Der nächste Forstweg führt links wieder zum Ausgangspunkt.

Information: Wanderkarte Nr 2 „Rureifel“.  „Historisch-literarischer Wanderweg Hürtgenwald 1938-1947“ Sammelmappe der 7 Rundwanderwege und das Projekt „Multimedia-Historyguide“ mit ausführlichen Informationen und Filmausschnitten.

Streckenlänge: ca. 8,7 km, naturbelassene und unbefestigte Wege nur die ersten 550m auf dem Radweg entlang der B399 und die „Alte Zweifaller Straße“ sind befestigt
Markierung teilweise „76“ (Paul-Boesch-Weg) und „46“ Wehebachschlucht

Schwierigkeit: leichte Wanderung, aus dem Wehebachtal hinauf zur Aussicht „Drei Eichen“ einzige größere Steigung; Auf- und Abstiege 180m

Einkehrmöglichkeit: keine

"Kriegsveteran"

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