Dernauer Runde zur „Bunten Kuh“
Wer kennt nicht diesen Felsen im Ahrtal? Den man bei einer Fahrt durch das Tal hinter Walporzheim hoch über der Straße entdeckt. Er scheint hier an der engsten Stelle, das Tal regelrecht zu bewachen.
Mehr Infos zu diesem Felsen, der von den Einheimischen liebevoll „Bunte Kuh“ genannt wird, erfahren wir später noch. Der Weg bietet viel für Auge und Seele, tolle Aussichtspunkte, bizarre Felsen, schmale Bergpfade und viel Weinbau.
"Bunte Kuh"
Beginnen wollen wir die Wanderung im Weinort Dernau, der eingebettet von Weinbergen vom Krausberg mit dem weithin sichtbaren Turm überragt wird und von dem sogar der Kölner Dom zu sehen ist.
Blick nach Dernau mit "Krausberg" und Engstelle der "Bunten Kuh"
Die Wanderung starten wir an der Ahrbrücke (Weinbrunnenplatz), wo rechts und links Parkplätze vorhanden sind. (Tagesticket 4€, 2020). Von der Ahr wandern wir hinüber in die Bachstraße und bummeln weiter durch die romantische Hauptstraße mit schönen alten Fachwerkhäusern vorbei am schmucken „Schlosshof“, dem ältesten Weingut in Dernau. Mit der Burgstraße und der Bonner Straße verlassen wir den Ort und kommen in die Weinberge. Hinter Haus 60 erreichen wir rechts schon nach 50m eine unvollendete Eisenbahntrasse mit dem links liegenden westlichen Portal des „Sonderbergtunnels“. Er gehört zu 5 weiteren Tunnels, durch die hier im Ahrtal eine zweite geplante Bahnstrecke von Neuss über Erftstadt nach Rech und weiter über die Ahrtalbahn führen sollte. Er wird heute als Lagerhalle genutzt.
schmuckes Fachwerk "Schloßhof" "Sonderbergtunnel"
Der Weg führt uns um den 120m langen Tunnel herum und geht hinter dem Ostportal auf der alten Trasse weiter, wo sie von hoch aufragenden Mauerbögen gesichert wird. Zur Rechten begleitet uns eine einzigartige Aussicht auf Dernau mit dem alles überragenden Krausberg. Ahrabwärts geht der Blick in das immer enger werdende Tal. Am Ende können wir dieses Panorama an einem Rastplatz noch intensiv genießen. Nach Überquerung einer Brücke treffen wir auf den „Rotweinwanderweg“ und wandern auf diesem mit herrlichen Aussichten durch die Weinberge und umrunden quasi Dernau.
"unvollendete Bahntrasse" "Rastplatz Sonderberg" Dernau mit Steillagen
Der 1972 eröffnete Rotweinwanderweg entspricht zwar nicht den Erfordernissen eines Premium-Wanderwegs, da viele Abschnitte für den landwirtschaftlichen Verkehr asphaltiert sind, er gehört aber trotzdem zu den beliebtesten Wanderwege Deutschlands. Man schätzt, dass 1 Million Wanderer im Jahr den Rotweinwanderweg begehen und ihn besonders an den Wochenenden im Herbst prozessionsartig bevölkern.
Uns leitet das Logo weiter mit Blick in die Ruinen des Klosters Marienthal. Es wurde im 12. Jh. als Augustinerinnenkloster „Mariae Vallis“ von den Grafen von Saffenburg als erstes Kloster im Ahrtal gestiftet. 1801 wurde es aufgehoben und die Gebäude abgetragen. Erhalten ist heute noch die Ruine der Klosterkirche. Die Gebäude gingen 2004 an mehrere Winzer, die hier heute Wein verkaufen und eine Gastronomie betreiben.
ehem. "Kloster Marienthal" "Lager Rebstock" Marienthal
An einer Straße verlassen wir den Rotweinwanderweg und steigen gegenüber die Treppen zu einer weiteren Straße auf. Es geht die Straße bergauf bis zu einer scharfen Rechtskurve, wo wir den Hinweis „Lager Rebstock“ entdecken und uns neugierig macht. Wir folgen dem Zeichen und blicken schon bald auf das Westportal des ehemaligen „Kuxbergtunnels“. Ein großer ebener Platz mit Bänken und Informationstafeln öffnet sich vor uns. Weiter links schaut man auf das Portal des „Trotzenbergtunnels“. Beide Tunnel gehören zu den 5 schon erwähnten der ehemals „unvollendeten Eisenbahnstrecke“. Sie konnte aber während des Ersten Weltkrieges und wegen den Bestimmungen der Siegermächte nicht zu Ende gebaut werden. Nach 1933 wurden die Tunnelanlagen als Arbeits-Beschaffungsmaßnahme zur Zucht von Champions erschlossen. 1943 wurden die Tunnel zu Rüstungszwecken umgebaut, um beispielsweise Anlagen für die V2 Raketen zu bauen. Dazu wurde hier ein Lager eingerichtet in dem von September 1943 bis Dezember 1944 1500 Menschen aus 8 Ländern Zwangsarbeiten verrichten mussten. Darunter waren 513 KZ-Häftlinge aus Buchenwald und Auschwitz. Nach Abzug der Rüstungsproduktion im Dezember 1944 wurden die Tunnel von der Zivilbevölkerung als Luftschutzbunker genutzt.
Zwischen 1960 und 1972, während des „Kalten Krieges“, erfolgte hier unter Beziehung der zwei Tunnelröhren der Bau des „Regierungsbunkers“ als Ausweichsitz für die Verfassungsorgane. Die bereits fertig gestellten „Kuxberg- und Trotzenberg-Tunnel“ der ehemals „unvollendeten Eisenbahnstrecke“ wurden jetzt hierzu genutzt. Im 17,3km langen Stollengeflecht des Bunkers konnten 3000 Personen untergebracht werden. Durch einen unterirdischen Verbindungsweg waren beide Stollen miteinander verbunden. 1997 entschied die Regierung den Ausweichsitz aufzugeben. Der Bunker wurde bis 2006 vollständig entkernt.
Aufgrund der geschichtlichen Bedeutung blieb ein 203m langes Teilstück des Regierungsbunkers erhalten und wurde 2007 zu einer Dokumentationsstätte hergerichtet. Die Anlage ist bei Ahrweiler im oberen Taleinschnitt zwischen Silberberg und Kuxberg zu besichtigen.
Um auf das begangene Unrecht an unschuldigen Menschen hinzuweisen, wurde 2017 diese Erinnerungsstätte „Lager Rebstock“ errichtet.
Beeindruckt von den furchtbaren Ereignissen am Ende des Krieges setzen wir unsere Wanderung fort. Auf dem Sträßchen geht’s es bergan bis zur „Trotzenberg Hütte“.
Hier treffen wir auch wieder auf den aus dem Tal kommenden Rotweinwanderweg und folgen ihm links bergan. Mit der Markierung geht es dann rechts weiter durch die Weinberge zu einem kleinen Platz. Hier zweigt ein Pfad rechts zur „Fischley“ ab, diesen kurzen Abstecher sollte man nicht auslassen, Mit Aussichtspavillon und Sinnesliege ausgestattet erlebt man von dem Felsen einen phantastischen Blick ahraufwärts nach Dernau und abwärts auf den sagenumwobenen Felsen der Bunten Kuh, der hier unter uns auf die Talenge blickt.
Dem Namen liegt ein sprachliches Missverständnis zugrunde. Französische Soldaten lobten den hier angebauten Wein mit den Worten: „Cest bon de gout“ (schmeckt gut), was die Ahrwinzer als „Bunte Kuh“ verstanden.
Blick von der "Fischley" Blick zum "Försterhof" "Altenwegshof"
Zurück auf dem Rotweinwanderweg geht es auf dem Zufahrtssträßchen zum Försterhof und weiter zum Altenwegshof, zwei Winzerhöfe mit einladender Gastronomie. Wir haben unsere Verpflegung im Rucksack und wollen diese mit einem herrlichen Ahrtalpanorama genießen. Dazu biegen wir hinter dem Parkplatz rechts ab. Während den Herbstwochenenden wird hier am Parkplatz von Winzern ein köstlicher Rebensaft angeboten, der gerne zu einer Trinkpause genutzt wird.
Unsere geplante Rast liegt dann links etwas abseits des Weges. Bei dieser herrlichen Aussicht kann man auch hier den im Rucksack eingepackten Wein öffnen.
Der Blick ahrabwärts zeigt jetzt von dem unten liegenden Walporzheim ein sich öffnendes Tal mit dem umfangreichen Gebäuden des ehemaligen Kalvarienberg Klosters in Ahrweiler und den beiden markanten Vulkankegel von „Neuenahrer Berg“ und „Landskrone“ bei Bad Neuenahr.
Die Reihe der Aussichten setzt sich nach der weinseligen Rast weiter fort. Nur einen Steinwurf entfernt bietet der Rastplatz „Zur Bunten Kuh“ den Höhepunkt. Ein dem Namen entsprechendes Bild der „Bunten Kuh“ findet man in der Hütte. Treppen führen hinauf zum Aussichtspunkt mit Pavillon.
Der „Kuhkopf“, wie der Fels zunächst genannt wurde, liegt unsichtbar tief unter uns. Ebenso der Fluss, der sich tief in das Schiefergebirge eingegraben hat. Der Blick geht in das gegenüberliegende „Heckental“ mit dem Aussichtspavillon auf der „Katzenley“ am Eingang des Tales. Ahraufwärts reicht der Blick bis Dernau. Nach Osten öffnet sich das Tal und nimmt Ahrweiler mit dem mächtigen Komplex des Klosters im Vordergrund sowie Bad Neuenahr auf, das von der weit über das Tal spannende Bauwerk der A61 begrenzt wird. Dahinter der markante Vulkankegel der „Landskrone“ mit seiner weit sichtbaren weißen Kapelle und am Horizont, schon auf der anderen Rheinseite, die Berge des Westerwaldes.
unteres Ahrtal "Kuhkopf" Aussichtspavillon "Heckental
Ein abenteuerlicher Bergpfad führt uns anschließend hinunter nach Walporzheim. Der Pfad erfordert absolute Trittsicherheit, da er in engen Passagen steil über Schiefergeröll und ehemaligen schmalen Weinbergtreppen führt. Dieser erste Teil endet an einem Weinbergweg. Der eben bezwungene Bergpfad vermittelt eine Vorstellung von den Mühen des Winzers in der Steillage, die uns auch die rechts und links liegenden steilen Weinberge zeigen.
Wer sich diesen steilen Abstieg nicht zutraut kann ihn umgehen. Ein alternativer Pfad führt zunächst ein Stück ca 100m zurück, wo er mit dem Hinweis „Bushaltestelle Bunte Kuh“ im Zickzack bergab, aber gut begehbar, an einer Straße endet. Links geht es nun bis zur Bundesstraße und auf dieser 400m (Vorsicht!) bis kurz vor Walporzheim, wo hinter einem kleinen Haus eine Treppe zu einer Fahrstraße hinunter führt, auf der man wieder die Alpinisten trifft.
Nachdem ersten steilen Abstieg ersparen wir uns aber einen zweiten direkt durch die Weinberge und wandern entspannt gemütlich den Weinbergweg mit Blick nach Ahrweiler hinunter bis zu einer Fahrstraße. Dieser folgen wir rechts bis zur ehemaligen Weinmanufaktur und gehen dort durch die Unterführung in den Ort. Verlassen diesen aber schon rechts mit der „Winzerstraße“. Links kann man noch einen Blick über den Dorfplatz zur St Josefskapelle und zum ältesten Gasthaus des Ahrtales, „St. Peter“ (1246), werfen. Anschließend treffen wir auf die Ahruferstraße, die uns zur Ahrbrücke führt. Hier zeigt sich der Felsen der „Bunten Kuh“ in seiner schönsten Perspektive.
Walporzheim Markt "Bunte Kuh" Ahruferweg
Mit einiger Phantasie vermag der Betrachter dieses Felsengebilde am Eingang zum romantischen Ahrtal mit einigem Wohlwollen als das Abbild eines Kuhkopfes identifizieren, obwohl eine Ähnlichkeit mit einem Bären zutreffender wäre. Wie dem auch sei, so hat die groteske Steinformation zu vielen Sagen Anlass geben.
Eine Variante möchte ich erwähnen. Vor vielen hundert Jahren trieben sich manche Ritter mit ihren Knappen ruchlos herum, plünderten und raubten wehrlose Handelsleute aus. So hoffte wieder einmal, ein kleines Häuflein Wegelagerer arglos im Tal ziehende Händler überfallen zu können. Als die Räuber sich auf die Schutzlosen stürzen wollten, erklang ein Glöcklein wie von einem Gotteshaus. Sollte dies eine Mahnung, gar Warnung sein? Die Räuberbande hielt ein und die Händlerschar zog schadlos ihres Weges. Die Gelegenheit zum Überfall verstrich. Da knackte und krachte es im dichten Busch und heraus trat eine bunte Kuh (braun-weiß) mit klingendem Glöckchen am Hals. Wegen dieses Irrtums entlud sich der Zorn der Frevler und stürzten das Tier vom Fels ins Tal. Zum Gedenken an das arme Geschöpf trägt der Felsvorsprung den Namen „Bunte Kuh“.
"Bunte Kuh"
Dabei entspringt die Felsnase nicht einmal einer Laune der Natur, sondern sie entstand im 19. Jahrhundert bei der Sprengung für den Straßenbau. Inzwischen hat der Schieferfelsen Probleme mit dem eigenen Gewicht. So müssen Beton und stählerne Anker das Wahrzeichen des Ahrtales vor einem Absturz bewahren.
Wir folgen dem Bergpfad (Ahruferweg) ahraufwärts vorbei an einem aufgelassenen Steinbruch mit einer gemauerten Quellstube. Rechts geht es steil hinab zur Ahr, links steil hinauf mit z.T. bizarren Felsformationen. Unterwegs zweigt links der Bergpfad hinauf zum Krausberg ab.
Ein Schild versetzt uns in Verwunderung. Ein besonders gefährlicher Bergpfad wird angekündigt und warnt weiter vor Steinschlag, Bergrutsch und Abrutschungsgefahr. Der Pfad, der durch den südlichen Ahrhang verläuft ist aber breit genug und sichert die abschüssige Talseite sogar teilweise mit einem Geländer ab. Am bergseitigen Hang passieren wir einzelne steil aufragende Felsen, die teilweise sogar überhängen. So erreichen wir Dernau unbeschadet.
Information: Wanderkarte Nr.9 „Ahrtal“ des Eifelvereins, Beschilderung teilw. Rotweinwanderweg sowie Ahruferweg, Fernglas lohnt sich;
Aufgrund der Flutkatastrophe im Juni 2021 ist die Region Ahrtal von starken Überschwemmungen und deren Folgen betroffen. Dadurch wurden viele Orte überflutet und sind nicht erreichbar. Wander- und Radwege sind in vielen Fällen nicht passierbar. Bitte beachten Sie dies bei ihren Planungen.
Streckenlänge: Rundwanderung gesamt ca. 11,5 km
Schwierigkeit: leicht, Auf- und Abstiege 250m
Einkehrmöglichkeit: Unterwegs Marienthal, Försterhof, Altenwegshof, Walporzheim u. Dernau
Video
Winzer bei der Arbeit im steilen Weinberg
GPX - Track
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