Wandel einer Landschaft
Kirchberger Runde


Im Westen der Niederrheinischen Bucht liegt am Nordrand der Eifel die Jülicher Börde, die durch die Flüsse Rur, Inde und Wurm begrenzt wird. Die Landschaft gilt wegen ihrer Böden als sehr fruchtbar. Durch den Braunkohletageabbau vollzog sich in dieser Kulturlandschaft ein Wandel zu einer Industrie umstrukturierte Landschaft. 1914 gingen der Tagebau Zukunft und das erste Kraftwerk Weisweiler in Betrieb. Der „Tagebau Inden“ wurde 1953 nur zur Kohleversorgung dieses Kraftwerks aufgeschlossen. Seitdem verändert sich die Landschaft von Jahr zu Jahr. So wurde die Inde in einem neuen Bett rund um den Tagebau herum gelegt.

ehemalige Kiesabbaugrube

Außer der Braunkohle ist auch der Rohstoff Sand und Kies in der Niederrheinischen Bucht von wirtschaftlicher Bedeutung. So finden wir entlang der Rur Sand- und Kiesgruben. Auch sie stellen starke Eingriffe in die Natur dar. Oft füllen sie sich nach Abbau mit Wasser und können als Badeseen genutzt werden. Mittlerweile werden aber immer mehr Kiesabbauflächen an die Natur zurückgegeben. Sie bieten dann nicht nur seltenen Tier- und Pflanzenarten ein Zuhause, sondern auch dem Menschen eine Landschaft mit Erholungswert.
Diese renaturierten Kiesabbauflächen sowie die aktuelle Landschaft des Braunkohleabbaus wollen wir bei unserer heutigen Wanderung noch erleben, bevor sie sich in den nächsten Jahren wieder mit einem anderen Gesicht präsentieren.
So starten wir zwischen Jülich und dem "Braunkohle-Tagebau Inden" in Kirchberg am Sportplatz. Am Ende der kleinen Straße sehen wir eine Brücke auf die wir zugehen. Links liegt schon zu Beginn die älteste Kiesgrube von Kirchberg. Hier wurde von 1924 bis 1939 Kies abgebaut. Heute ist der Weiher ein europäisches Flora-Fauna Schutzgebiet, ein Lebensraum für seltene und geschützte Arten. Vor uns liegt dann eine ehemalige Eisenbahnbrücke, die Teil der Strecke von Jülich nach Aachen Nord und Anfang der 1980er Jahre stillgelegt wurde. Heute verläuft hier der Radweg von Jülich nach Aachen. Es folgt eine weitere Eisenbahnbrücke der ehemaligen Kreisbahn, die noch bis 2007 zum Schrottplatz Puffendorf verlief.

alte Kiesgrube, heute Naturidyll

ehemalige Eisenbahnbrücke

Nach Unterquerung der Brücken zweigt links ein schmaler Naturpfad ab. Da wo einst die Bagger Kies förderten ist heute ein Naturidyll mit einem wunderschönen See entstanden. Wildromantisch verläuft der Pfad entlang der ehemaligen Kiesgrube. Unterwegs bieten kleine Abstecher spektakuläre Blicke über die Wasserfläche.

Natur pur

Gut Linzenich

Dann empfängt uns mit der Straße die Zivilisation wieder und wir wandern auf der gegenüberliegenden Straße weiter. Mit Blick über die freie Feldlage sind Gebäude des „Gut Linzenich“ zu sehen. Gegenüber der Zufahrt steht eine gotische Kapelle, die dem Einsiedler Antonius geweiht ist. Als die ursprüngliche Kapelle von 1351 baufällig war, wurde sie von Graf Adam von Schwarzenberg und seinem Sohn neu errichtet. Gegen Ende des 19.Jh´s ließ Carl Freiherr von Mylius die Kapelle neugotisch umgestalten.

Antonius Kapelle

Gut Linzenich, ehem. Wasserburg

Der spitzbogige Eingang wird rechts und links von Wappensteinen der Bauherren flankiert. Die Zufahrt verschönert eine Kastanien Allee und bringt uns bis zum Rand des Gutes, von wo wir einen Blick in das Gelände der einstigen Wasserburg werfen können. Die Wassergräben sind inzwischen trocken und das einstige Herrenhaus ist durch Kriegseinwirkung nur noch eine Ruine.
Zurück zur Kapelle wandern wir dort rechts vorbei, kreuzen den Radweg (ehem. Eisenbahnstrecke) sowie Bahngleise, und erreichen nach 400m den Ortsrand von Bourheim. Hier biegen wir links in einen Grasweg ein, der über die freie Feldlage Richtung Kirchberg führt.

Sophienhöhe und Jülicher Zuckerfabrik

neue Stromerzeugungsanlagen

Linkerhand überragt weithin sichtbar die Sophienhöhe die Jülicher Börde. Es ist eine durch den Abbau von Braunkohle des „Tagebau Hambach“ entstandene rekultivierte Abraumhalde. Mit dem Charakter eines kleinen Höhenzugs prägt sie im sonst eher ebenen Jülicher Raum deutlich die Landschaft. Mit durchschnittlich 200m überragt sie die Umgebung. An dem höchsten Punkt (301m) mit dem Aussichtsturm „Römerturm“  schaut man fast 600m in die Tiefe auf den Grund des Tagebaus.
Vor dem Bild der Sophienhöhe ragt die Silhouette der Jülicher Zuckerfabrik mit ihren Türmen in den Himmel, in der seit 145 Jahren Zucker erzeugt wird.
Über die Höhe der freien Feldlage führt uns der Weg leicht abwärts und nach 600m biegen wir rechts ab. Vor uns zeigen sich Windkrafträder, die 2022 auf der ehemaligen Fläche des „Tagebau Inden“ errichtet wurden. Sie liefern einen Beitrag zur Stromerzeugung und deren Unabhängigkeit von fossilen Rohstoffen, wie die Braunkohle. Hinter einem Wirtschaftsweg wenden wir uns nach links und kommen an den Rand der ehemaligen Abbaugrube, die mittlerweile in diesem Bereich schon wieder renaturiert wurde und landwirtschaftlich genutzt wird.
Im weiteren Verlauf passieren immer wieder Grundwasserbrunnen, die das Eindringen von Wasser in den Tagebau verhindern und das Grundwasser absenken, zu Tage fördern und ableiten. So sind viele Brunnen rings um den Tagebau angelegt. 

neuer Indeverlauf

Wanderweg, Brücke zurzeit (2025) gesperrt

Rechts taucht im „Hasenwinkel“ die Inde auf, zu der wir auf einem schmalen Pfad der Böschung hinunter gelangen. Die hier über die Inde führende Brücke ist mittlerweile gesperrt, sodass eine Wanderung entlang aufwärts der Inde nicht mehr möglich ist.
Der Tagebau machte 1996 eine Verlegung des Flusses notwendig. Seitdem fließt der Fluss nördlich von Lamersdorf in einem weiten, zwölft Kilometer langen Bogen durch die Rekultivierung um den Tagebau herum und mündet jetzt an der Schophovener Straße, südlich von Kirchberg, wieder in ihr altes Bett und mündet nach ca 1km in die Rur. Zurück auf den Hauptweg wandern wir durch ein inzwischen mit Büschen bewachsenes Gelände einmal bergauf, wo sich hin und wieder ein Blick in die weite renaturierte Landschaft öffnet. Oben führt ein kaum zuerkennender Trampelpfad links zu einer Bank, die einmal einen herrlichen Blick in die Abbaugrube zuließ. Aber schon 100m weiter gibt es noch einen Aussichtspunkt mit zwei Bänken.

Wanderweg

Aussichtspunkt

Die Abbaugrube ist mittlerweile 1 km nach Süden verlagert, wo noch Bagger zuerkennen sind. Darüber hinaus heben sich das Kraftwerk Weisweiler und auch die Goltsteinkuppe mit dem 36m hohen „Indemann“ am Horizont ab. 

Renaturierte Tagebaufläche mit Blick zum Kraftwerk Weisweiler

Nach Westen sind weitere Zeugnisse des Bergbaus zuerkennen. Es sind Halden mit aufgeschüttetem Bergematerial des ehemaligen Aachener Steinkohlenreviers. Dort hat der Bergbau mir der Schließung der Grube „Emil Mayrisch“ 1992 sein Ende gefunden. Heute wird die Energie mit Windkraft produziert, so wie mit den vor uns liegenden Windrädern.


verlegte Inde

Dann gibt der Bewuchs den Blick einmal auf die Inde frei. Hier liegt eine Messstelle des Wasserverbandes zur Überwachung des Wasserstandes. Es folgt eine Brücke über den Altdorf-Kirchberg-Koslarer Mühlenteich. Er ist ein hier von der Inde abgehender Kanal, mit einer Länge von11km Länge und fließt weitgehend in nördliche Richtung bis er etwa 2km vor Linnich bei Floßdorf in die Rur mündet. Er begann früher am östlichen Ortsrand des ehemaligen „Altdorf“, der durch den Tagebau abgebaggert wurde.
Der Pfad endet dann an der „Schophovener Straße“, die wir vorbei an dem Kunststoffplatten und –Folien Hersteller „epsotech“, bis zur Indebrücke gehen.

Inde-Aue

Indemündung

Hiermit verlassen wir das Tagebaurevier und wandern durch die Inde-Aue mit einem Abstecher zur Inde, kurz bevor sie in die Rur mündet. Der Mündungsbereich der Inde in die Rur ist seit 2000 wieder komplett der Kraft des Wassers überlassen, nachdem sie noch zuvor in einem engen Korsett sich durch die Landschaft quälen musste. So sind neue Uferabrüche und neue Kiesbänke im Fluss entstanden. Der vorhandene Schutzdamm wurde saniert, um auch künftig die Hochwassersicherheit für den Kirchberg zu garantieren. Über diesen Damm verläuft jetzt unser weiterer Wanderweg, der an einem Grillplatz endet, und damit wir auch wieder unseren Startpunkt erreicht haben.
Bei der Wanderung haben wir interessante Entdeckungen gemacht und eine Landschaft erlebt, die sich stetig ändert. Es lohnt sich also nicht nur einmal, sondern immer wieder zu kommen, um die Veränderungen zu beobachten. Denn nach Ende der Braunkohleförderung soll ab 2030 der Tagebau Inden zum „Inde-See“ geflutet werden.

Streckenlänge: ca. 9km 

Schwierigkeit: leichte wellige Landschaft, Auf- und Abstiege 60m,

Einkehrmöglichkeit:  unterwegs keine

GPX-Track: 

Karte



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Tourenübersicht Spuren des Bergbaus



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